von heavykarl » 8. Januar 2017, 18:41
Seid gegrüßt ihr lieben Andori!
Eigentlich wollte ich euch heute von unseren filmreifen Abenteuern berichten, die sich dereinst während der Ära des Sternenschildes zugetragen haben: Wie wir heldenhaft die Rietburg verteidigten und auch angesichts der von allen Seiten gnadenlos auf uns einstürmenden finsteren Kreaturen nicht den Mut verloren und standhaft blieben, wie wir Prinz Thorald aller Gefahren zum Trotz zur Burg zurück brachten, wie wir den Dunklen Magier Varkur buchstäblich in letzter Sekunde gerade noch rechtzeitig daran hindern konnten die Macht des sagenumwobenen Sternenschildes an sich zu reißen und sich so das Land Untertan zu machen, wie wir uns todesmutig den gierigen Flammen entgegen warfen die den Wachsamen Wald zu verschlingen suchten und mit letzter Kraft schließlich doch noch den gefürchteten Feuergeist bezwangen.
Aber nicht nur im Lande Andor überschlagen sich zuweilen die Ereignisse, auch privat hatte sich bei uns seit dieser heroischen Schlacht einiges getan. Normalerweise pflegten wir als Kulisse unserer Abenteuer einen der Clubräume des nahegelegenen Studentenclubs, der uns seine mal mehr oder weniger fleißigen Mitarbeiter nennen durfte, zu nutzen. Das war zwar einerseits durchaus recht praktisch, da der Club uns ohnehin einen gemeinsamen Anlaufpunkt bot und uns dort weitaus mehr Platz zur Verfügung stand als es dies in unseren kleinen WG-Zimmerchen und 1-Raum-Wohnungen der Fall gewesen wäre, andererseits hatten öffentliche Veranstaltungen dort aber natürlich Vorrang und so bot sich uns zwischen den Auftritten diverser Bands und allerlei bunter Discos und Tanzveranstaltungen leider nur selten die Gelegenheit unser geliebtes Andor aufzusuchen. Denn sein wir ehrlich, wer kann schon eingekeilt zwischen Bergen dreckiger Wäsche, Stapeln wahrscheinlich längst überfälliger Bibliotheksbücher und mehr schlecht als recht auf umgedrehten Getränkekisten sitzend, wie es bei uns zu Hause der Fall gewesen wäre, heroische Schlachten schlagen? Gar nicht erst zu reden von der Tatsache dass wir in Ermangelung eines ausreichend großen Tisches um unseres Spielvergnügens Willen immer erst eine Tür aushängen mussten um das Türblatt als improvisierte Tischplatte nutzen zu können. Alles in allem keine besonders guten Voraussetzungen dafür den Mächten der Finsternis halbwegs komfortabel gegenüber zu treten.
Doch vor wenigen Monaten änderte sich die Situation grundlegend, als ich und meine Partnerin, die selbst eine leidenschaftliche Andor-Spielerin und wesentlicher Bestandteil unserer Heldencrew ist, beschlossen eine gemeinsame und was noch viel wichtiger ist, größere Wohnung zu beziehen. Voll freudiger Erwartung künftiger Abenteuer, die wir dann endlich jederzeit ganz nach unserem Belieben würden bestreiten können, zogen wir von Möbelhaus zu Möbelhaus um einen Tisch zu finden, der genug Platz für die von uns so heiß geliebte Welt von Andor bot.
Nach Wochen der Suche und einigen weiteren Wochen, in denen erst einmal reichlich gemalert, geschraubt und gehämmert werden musste, war es dann endlich so weit – wir wollten unsere neue Errungenschaft mit einer Reise in den Norden einweihen und luden unsere Freunde ein. Es war heute vor zwei Tagen - ein klirrend kalter Abend im Januar. Draußen heulte der Wind und Schneeflocken trieben am Fenster vorbei. Eine passendere Kulisse hätten wir uns für unsere gefahrvolle Reise gar nicht wünschen können.
Nachdem wir Merrik den Kartographen in Legende 7 erfolgreich ausfindig gemacht und zum Zwecke seiner Genesung nach Silberhall gebracht hatten, ging es nun an Legende 8 und ein Sturm zog auf. Und nicht nur irgendein Sturm, sondern das größte Unwetter der Geschichte des Hadrischen Meeres. Wie sich bald herausstellte, war dies durchaus nicht zu viel versprochen. Von meterhohen Wellen und stürmischen Winden gebeutelt und dem unbarmherzigen Wüten der Kreaturen aus der Tiefe ausgesetzt, sanken nicht nur unsere Kräfte, sondern alsbald auch unser Mut. Im Nachhinein vermag es wohl keiner mehr zu sagen wie es uns gelang dennoch nicht zu verzagen und die uns gestellten Aufgaben zu bewältigen, aber endlich war die wertvolle Seekarte vollendet, die rettende Küste erreicht und das Unwetter lichtete sich. Wir fühlten uns erschöpft und abgekämpft als hätten wir die letzten Stunden tatsächlich an Bord der gemarterten Aldebaran zugebracht und nicht unser Alter Ego.
In diesem erbarmungswürdigen Zustand, in dem wir uns also befanden, standen wir kurz davor unsere Abenteuer für heute für beendet zu erklären, wenn, ja wenn da nicht die Sache mit dem Sturmschild gewesen wäre. Einer der 4 sagenumwobenen mächtigen Schilde, ein höchstes Gut zwergischer Schmiedekunst und nun befand er sich in unserem Besitz! Vollkommen unmöglich jetzt einfach aufzuhören!
Also setzten wir erneut Segel um uns und damit komme ich zu der Geschichte, von der ich euch eigentlich berichten möchte, in Legende 9 den Mächten des Meeres entgegenzustellen. Ob die Legende jedoch ein erfreuliches oder unerfreuliches Ende nahm – nun, entscheidet selbst:
Da waren wir nun also: Chada, Liphardus, Arbon und Stinner, bereit mithilfe unserer neu gewonnenen Kräfte den Bewohnern der Nebelinseln beizustehen und ihnen wo wir nur konnten zu helfen. Tatendurstig nahmen wir uns aller an uns herangetragenen Aufträge an, erwarteten uns doch Ruhm und Ehre und die Verheißung alsbald das legendenumrankte Hadria zu erreichen. Ausgerüstet mit dem mächtigen Sturmschild fühlten wir uns nahezu unbesiegbar.
Doch unsere anfängliche Euphorie währte leider nicht sehr lange. Mehr und mehr Kreaturen erhoben sich aus den Tiefen des Meeres, drängten von Mordlust getrieben an Land und auch die gemeinen Gors verhielten sich zunehmend umtriebiger. Die Nebelinseln schwebten in großer Gefahr und wir konnten nun mal nicht überall zugleich sein. Auch spie das Meer wieder und wieder Wracks aus, die unsere Aufmerksamkeit verlangten. Unsere Aussichten ruhmreich zu handeln und uns damit als würdig zu erweisen den Weg nach Hadria anzutreten, waren gelinde gesagt gering. Mehr schlecht als recht schlugen wir uns durch. Kein Moment des Atemholens war uns vergönnt. War eine Gefahr in Form einer an Land oder gar auf eine Stadt zu rückenden Kreatur gebannt, tauchte sofort eine neue auf. Es war schier zum Verzweifeln. Unsere ohnehin begrenzten Kräfte schwanden zusehends und angesichts stets neuer Bedrohungen hatten wir kaum eine Chance unseren Pflichten den Städten gegenüber nachzukommen und ihnen die versprochene Hilfe zuteil werden zu lassen, geschweige denn uns die hilfreiche Unterstützung in Form der Gaben des Nordens, diverser heilkräftiger Kräuter oder die bei ihrer Ablieferung in Silberhall Ruhm einbringenden, oder willensstärkenden Muscheln zu eigen zu machen, obwohl dies bitter nötig gewesen wäre. Auch der machtvolle Sturmschild, in den wir so viel Hoffnungen gesetzt hatten, konnte uns nicht weiter helfen, stand uns unsere ärgste Prüfung doch erst noch bevor. Oktohan, der König der Tiefe hatte sich erhoben und störte die empfindliche Balance der Mächte die seit Ewigkeiten das Hadrische Meer beherrschten.
Ein jeder von uns war, geschwächt und erschöpft vom vielen kämpfen, dem Tiefpunkt seiner Willenspunkte bedeutend näher als dem Höhepunkt. Gewappnet mit kaum mehr als den Kleider die wir am Leib trugen, hatten wir nur einen bereits angeschlagenen Schild und gerade mal ein kümmerliches Heilkraut in der Tasche um uns der Grausamkeit eines Wesens zu stellen, die so tief reichte, wie das Meer selbst. Konnten wir es in diesem unserem Zustand wirklich wagen gegen diesen Giganten des Ozeans anzutreten und darauf hoffen diese Begegnung zu überleben?
Wohl kaum, aber eine andere Wahl blieb uns nicht. Wenn die Sonne am nächsten Tag über dem Hadrischen Meer aufgehen und die Kreaturen in Bewegung setzen würde, würde unser mühsam erarbeitetes Puffer an Ruhm so rasch verrinnen wie Wasser, das man mit bloßen Händen zu halten sucht. Auch würde die See dann neue Kreaturen gebären und niemand vermochte zu sagen, wo diese neuen Schrecknisse das ohnehin schon gebeutelte Land heimsuchen würden. All unsere Bemühungen unsere Aufträge zu erfüllen und die Nebelinseln nach Kräften zu schützen wären dann vergebens gewesen.
Es half also alles nichts. Der Tag war bereits ein gutes Stück voran geschritten, aber dennoch mussten wir uns Oktohan stellen. Jetzt, oder die Legende wäre verloren.
Mit dem Mut der Verzweiflung entfesselten wir die Macht des Sturmschildes, die uns nahezu zu unserem Ziel brachte und uns damit Zeit, die im nun folgenden Kampf über Leben und Tod entscheiden konnte, erkaufte. Und dies war auch bitter nötig, denn Oktohan erwies sich als schier unbezwingbar. Wieder und wieder mussten wir uns ihm entgegen werfen, da Fortunas Würfel nicht gerade zu unseren Gunsten fielen. Unser “altes Mädchen“ - wie Stinner die Aldebaran liebevoll nannte - gab her was sie nur konnte um uns in unserem zunehmend aussichtsloser werdenden Kampf zu unterstützen, hatten wir ihr doch in weiser Voraussicht noch ein neues Gewand in Form einer ausgebauten Achter-Ballista und einer den Angriff verstärkenden Bug-Figur verpasst. Doch all dies erschien nutzlos angesichts des Ozeangiganten mit dem wir es aufnehmen mussten. Der Tag neigte sich bereits mehr und mehr dem Ende zu und wir mussten uns jedes bisschen an Willen das wir erübrigen konnten abpressen um den Kampf, so aussichtslos er auch erschien, weiter zu bestreiten, denn wir waren nicht gewillt uns die Entscheidung über unser Schicksal von etwas so lapidarem wie einem Sonnenaufgang aus der Hand nehmen zu lassen. Wir würden weiter kämpfen, bis zum bitteren Ende.
Und bitter war das Ende fürwahr, denn war es schon mühsam gewesen Oktohan einmal und dann auch noch ein zweites Mal zurück zu schlagen, so erwies es sich doch als gänzlich unmöglich ein drittes Mal gegen ihn zu bestehen. Unsere Kräfte waren erschöpft und auch unser “altes Mädchen“ hatte schwer gelitten. Betreten sahen wir uns an, konnten das Unvermeidbare nicht begreifen. Aber der Tag war nunmehr verstrichen und es war uns nicht gelungen Oktohan zu bezwingen. So gering die Chance auf einen glücklichen Ausgang auch gewesen war, so hatten wir uns doch alle an diesen winzigen Strohhalm geklammert. Und nun war alles dahin. Wir hatten verloren, denn ein neuer Morgen brach an und über den Nebelinseln brach die Hölle los.
In diesem Moment sprang der Kater meiner Freundin, der selbstverständlich mit ihr eingezogen war und den wir bis dahin, versunken in unserer eigenen kleinen Welt, nahezu sträflich vernachlässigt hatten, auf den Tisch um lautstark seinen Unmut darüber kundzutun und nun umso energischer nach seinem Futter zu verlangen. Oktohans Zerstörungswut war nichts im Vergleich zu diesem hungrigen Fellknäuel, das nun schlimmer noch als jeder Orkan des Hadrischen Meeres über das Spielbrett wütete, Meerestrolle, Arrogs und auch unser sonst so standhaftes Schiff beiseite fegte und letztendlich sogar Oktohan höchstselbst über den Rand des Tisches auf den Boden beförderte. Dabei sah er überaus zufrieden mit sich aus.
Wir wussten nicht ob wir lachen oder weinen sollten, war der ganze Tisch doch innerhalb weniger Minuten begleitet von einem lauten „Miau, miau, miau!“ im puren Chaos versunken. Aber immerhin war Oktohan auf diese Weise letztlich doch noch besiegt worden, wenn auch ganz anders als wir es uns vorgestellt hatten.
Trotzdem, den nächsten Spieleabend werden wir wahrscheinlich doch lieber wieder in den Clubräumen abhalten. Schließlich hat man mit Nerax und Co ja schon genug zu tun.