Zurück zur Taverne

Drukil steckt fest

Drukil steckt fest

Beitragvon Butterbrotbär » 26. Februar 2019, 21:10

Hier findet ihr eine Kurzgeschichte aus der Feder des Butterbrotbären, versteckt in den Tiefen der Taverne zum Trunkenen Troll im März 2020. Einziger Hinweis auf dieses Versteck ist eine mysteriöse Heldentafel, welche Gilda hier der Tavernengemeinschaft präsentiert hat: Bild, Thread, Download.


„... und dieses Zeichen hier sollte ein ‚B’ darstellen.“
„Warte, das sieht eher wie ein ‚D’ aus.“
„Du hast recht! Also, dann lautet dieses Wort F – E – U – E – R – D – ?“
„Zwei Silberstücke auf ‚Ä’!“
„Drei Silberstücke für ‚R’!“
„Der nächste Buchstabe ist ein ‚R’!“
„Feuerdrache! Das Wort ist ‚Feuerdrache’!“

Die andorischen Bauern und Händler in der Taverne zum Trunkenen Troll waren Feuer und Flamme für das Entschlüsseln der rätselhaften Tafel mit der danwarischen Schrift. Sie konnten auch nicht viel anderes tun, solange es draussen weiterhin zu heftig stürmte, um sicher nach Hause gelangen zu können. Jetzt, wo Jarid, die weise Wassermagierin aus Danwar, ihnen den entscheidenden Hinweis gegeben hatte, war das Dekodieren des Texts auch gar nicht kompliziert. Unterstützt durch mehr oder weniger hilfreiche Kommentare von Chada und Thorn, notierte Eara Buchstaben um Buchstaben in einem kleinen blau gebundenen Büchlein, welches sie stets bei sich trug. Gilda guckte ihr immer wieder mal über die Schulter und rief einen weiteren Buchstaben aus, die Spannung zwischen den Lettern natürlich so sehr in die Länge ziehend, dass die Tavernenbesucher auch genügend Zeit hatten, einen kleinen Teil ihres hart erarbeiteten Geldes darauf zu verwetten, welcher Buchstabe als nächstes kommen würde. Dabei würden sich die meisten von ihnen nicht gross für den Text interessieren, wenn er in andorischen Buchstaben geschrieben worden wäre. Aber die Stimmung war grossartig, und das war es, was Gilda zu erreichen erhoffte.

Triumphierend verkündigte Gilda jetzt: „Die Überschrift lautet Die Agren, der Schildzwerg und der Feuerdrache!“
„Was ist das denn, etwa ein Märchen?“
„Die Form des Titels deutet auf ein Märchen hin. Aber die alleine hat noch nichts über den Text auszusagen.“
„Wer würde ein Märchen in danwarischen Runen in eine Steintafel ritzen und diese danach durch Gildas Fenster werfen?“
„Und vergiss nicht dieses verwaschene Bild nebendran. Soll das einen Hornbären darstellen?“
„Diese Angelegenheit schreit doch förmlich nach einem Spässchen der Waldgeister!“
„Ich muss zugeben, ich hatte mir etwas Besseres als eine Gutenachtgeschichte erhofft.“
„Ach Gord, so schweig stille! Du musst ja nicht zuhören, wenn du nicht magst.“
„Meine Mutter hat mir die Märchen jeweils nicht vorgelesen, sondern vorgesungen. Gilda, willst du das versuchen?“
„Ha! Da ist der gute Grenolin aber gar nicht glücklich, dass du nicht zuerst an ihn gedacht hast.“
„Was habt ihr denn? Laute spielen kann unser Greno doch prima!“
„Eara, brauchst du noch lange? Gilda, wie weit ist Eara schon?“
„Die Arbeit ist schon fast vollendet“, sprach Eara, ohne von ihrem Büchlein aufzublicken.
„Dieses Zeichen hier sollte doch ein ‚T’ sein“, warf Thorn ein. Eara funkelte ihn an, korrigierte den Buchstaben, kritzelte einen letzten entschlüsselten Satz in ihr Büchlein und übergab dieses dann breit lächelnd an Thorn: „Warum tust du uns nicht die Ehre, die Geschichte vorzutragen?“
Thorn zögerte zunächst, ergriff das Büchlein dann aber und verkündete:

So vernehmet diesen Tatsachenbericht aus der Zeit des Unterirdischen Krieges, einer unsicheren, gesetzlosen Zeit. Dies ist die Legende von der Agren, dem Schildzwerg und dem Feuerdrachen.

„Zu schade, dass Kram in der Mine zu tun hat. Der mochte Überlieferungen aus der Vorzeit wie sonst keiner“, warf ein Schildzwerg ein.
„Lauter“, rief ein Bauer aus einer hinteren Reihe, und Thorn wiederholte mit etwas festerer Stimme:

Die Agren, der Schildzwerg und der Feuerdrache

„DRACHEE!“
Der verzweifelte Schrei hallte durch die Täler des Grauen Gebirges und schreckte allerlei Kleingetier auf, welches schleunigst das Weite suchte, selbst wenn es die Warnung nicht verstehen konnte. Die wenigen Agren, die sich ausserhalb ihrer sicheren Höhlen aufhielten, schreckten auf. Sie rannten allerdings nicht blindlings davon, sondern richteten ihre Augen furchtsam gen Himmel, blickten nach oben, suchten den kleinen schwarzen Punkt, welcher Feuer und Tod ankündigen würde.
Gouri, eine vergleichsweise junge Agren (sie hatte doch erst kürzlich ihren vierzigsten Jahrestag gefeiert), versuchte ebenfalls, die Gefahr im Himmelszelt zu erkennen. Den Kopf in den Nacken gelegt, starrte sie nach oben, direkt in die blendende Sonne. Sie senkte ihren Blick auf die übrigen grünhäutigen Angehörigen des friedlichen Bergvolkes, die ein ganzes Stück von ihr entfernt (leider) die Pflanzenwachsstätten umgegraben hatten. Normalerweise mochte Gouri die Zeit alleine im Freien, wo man in der Mitte einer Wiese sitzen und über den Lauf der Welt nachsinnieren konnte. Nun stand sie aber alleine auf weitem Felde, und der Drache könnte sie von allen Seiten überraschen. Furcht breitete sich in ihrer Magengegend aus.
Da! Ein weiterer Schrei ertönte, diesmal von einem der Agren auf den Pflanzenwachsstätten! Die übrigen Agren rannten vereint los in Richtung einer der rettenden Höhlen, sorgsam darauf achtend, niemanden zurückzulassen. Niemanden ausser Gouri, von der sie nicht einmal wussten, dass sie sich hier draussen aufhielt. Die verängstigten Agren rannten vor Gouris aktueller Position weg. Diese war sich bewusst, was das zu bedeuten hatte: Der Drache befand sich irgendwo hinter ihr!
Innerlich schon mit ihrem Leben abschliessend, drehte sich Gouri um, um einen atemberaubenden Anblick zu erleben. Ein riesiges Reptil, dessen schwarze Schuppen im hellen Sonnenlicht glänzten und glitzerten, brach im Sturzflug durch eine nahe Wolke hindurch. Was zunächst ein kleiner Fleck am Himmel gewesen war, wurde rasant grösser, bis Gouri sogar die gebogenen Zähne im offenen Maul erkennen konnte. Alle Instinkte in ihr schrien sie an, sie solle losrennen, sich vor dieser wandelnden Naturkatastrophe verstecken, irgendetwas tun.
Gouri wusste es besser. Sie blieb zitternd stehen und versuchte, sich zu fokussieren.
In ihrem Kopf bereitete Gouri sich bereits auf den Mentalen Schrei des Drachen vor, welcher jeden Moment ertönen konnte. Sie konzentrierte sich auf ein Kinderlied, welches ihre Mutter ihr jede Nacht vorgesungen hatte, als die Welt noch heil gewesen war – ehe der Meisterschmied Kreatok ein Massaker unter den Drachen angerichtet hatte und der Krieg ausgebrochen war, welcher seitdem das Graue Gebirge plagte.
So sang Gouri innerlich:

‚Eia, Heja und Naidoa, der Nordwind, der Ostwind und Westwind sind da...’
Da sandte der angreifende Drache auch schon seinen Mentalen Schrei gegen alle Wesen in seiner Nähe aus:
„MÖRDER! DIEBE! VERRÄTER! VERROTTEN MÖGT IHR, IHR UND ALLE, DIE EUCH ZU BESCHÜTZEN VERSUCHEN!“

‚Eja, Heja und Naidoa, die Winde, die sausen und brausen durch Tal...’
Solange Gouri sich auf den Gutenachtreim konzentrierte und so den geistigen Angriff des Drachen verdrängte, gelang es ihr, wenn auch schwankend, auf den Beinen zu bleiben. Vielen anderen Wesen in der Nähe ging es allerdings nicht so. Insektenhirne dachten zu wenig, um gross vom Mentalen Schrei betroffen zu sein, doch Vögel fielen links und recht wie von Steinen getroffen vom Himmel, unfähig, viel mehr zu tun als das Kreischen des Drachen zu erleiden. Dann waren da die Kaninchen, die Rehe, die Füchse, die Wölfe der Gegend, die sich am Boden wälzten und verzweifelt versuchten, etwas zu verscheuchen, was man nicht verscheuchen konnte. Und dann gab es noch den armen gepanzerten Schildzwerg, welchen Gouri in jenem Augenblick entdeckte.
Gouri wusste nicht, ob es daran lag, dass der Zwerg nie gelernt hatte, eine mentale Attacke abzuwehren, oder ob der Drache sich in seinem Schrei ganz besonders auf ihn fokussierte, aber der Zwerg steckte das Ganze erheblich schlechter weg als Gouri. Er war auf die Knie gefallen und hatte sich dann zusammengerollt, unregelmässig atmend, die Zähne zusammengebissen und die Hände auf die Ohren gepresst – doch was konnte das schon ausrichten, wenn der Schrei nicht durch die Ohren in seine Wahrnehmung trat?
„LUMPENGESINDEL! DAS IST FÜR NEHAL! DAS IST FÜR SERAFIM! DAS IST FÜR NERUPAK! SIE ALLE SIND GEFALLEN, EURETWEGEN! IHR BLUT KLEBT AN EUREN DRECKIGEN HÄNDEN UND DUNKLEN SCHILDEN!“
Einen Mentalen Schrei aufrechtzuhalten kostete Unmengen an Energie, lange konnte der Drache dies bestimmt nicht mehr durchstehen. Das war aber auch nicht sein Ziel. Noch immer im freien Fall breitete er seine ledernen schwarzen Flügel aus – der abrupt darin gefangene Wind ruckte schmerzhaft an seinen Gelenken – fing seinen Fall ab und wehte dabei ein ganzes Dutzend kleinerer Bäume um. Schnell jetzt, ehe diese Ratte von einem Wicht sich wieder fassen konnte! Der Boden erzitterte unter seiner Landung. Der glorreiche schwarze Drache – Sagrak war sein Name – richtete seinen Schlangenhals auf und spürte verzückt das vertraute warme Brodeln, wie es von seinem Magen langsam seinen Hals hinaufkletterte und seinen Schlund erreichte. Sagrak blähte seine Nüstern, öffnete seinen Rachen und grinste in Antizipation dessen, was er diesem mickrigen Spornenfrass vor ihm gleich antun würde. Dann spie er einen Strahl puren Drachenfeuers, golden glänzende Flammen, denen nichts und niemand standhalten konnte.
Gouri konnte deutlich die bösartige Freude fühlen, die in Wellen vom Feuerdrachen ausströmte, und sie war sich sicher, dass der Schildzwerg dies auch spürte. Den Mentalen Schrei hatte der Drache – Sagrak? – offenbar schon gemeistert, aber die Fähigkeit, seine Emotionen zu beherrschen und in seinem eigenen Kopf zu verwahren, war ihm noch nicht gegeben. Er musste ein Jungtier sein. Darauf deutete auch seine Grösse hin – selbst der Zwerg reichte ihm bis an die Schulter. Nichtsdestotrotz war auch ein Jungdrache eine nahezu unüberwindbare Gefahr.
Unter enormer Anstrengung klaubte der immer noch am ganzen Leib zitternde Zwerg jetzt einen angeschlagenen Buckelschild hervor und wuchtete ihn in letzter Sekunde zwischen seinen ungeschützten Körper und den Flammenwall, welchen der Drache auf ihn spie. Drachenfeuer war heisser als jedes andere natürlich vorkommende Feuer dieser Erde, sodass auch der beste Schild in diesem Inferno bald vernichtet gewesen wäre. Und der Schild, hinter welchem der Schildzwerg sich verbarg, war wahrlich nicht der beste Schild. So verbrannte das Holz und das Eisen schmolz buchstäblich dahin, während der arme Schildzwerg gezwungen war, unten am Boden zu bleiben und zu hoffen, dass der Schild ihn noch lange genug schützen würde. Lange genug, bis der Drache wieder Luft holen musste. Lange genug, um am Leben zu bleiben. Gut sah es nicht aus. Die Haare an seinen Armen waren schon längstens verglüht, und sein mächtiger brauner Bart würde als nächstes folgen, das wusste er. Gouri sah, wie er die Augen schloss und ein Stossgebet an die Mutter des Steins sandte. Wartete er auf das Ende dieser elenden Qual, welches auch sein Ende sein würde?
Da klappte Sagrak seinen Schlund zu und der Feuerstrahl versiegte. Schwefelgeruch lag in der Luft. Tief durchatmend stand der Drache da, und sowohl Gouri als auch der Schildzwerg nahmen seine Erschöpfung und Verwirrung wahr – er hatte eindeutig seine Feuerkraft überschätzt. Das sollte aber nicht heissen, dass er des Zwerges Lebenslicht nicht immer noch durch einen mächtigen Hieb mit einer seiner Pranken einfach auslöschen könnte.
Gouri beobachtete gebannt und immer noch zittrig die Szene, die sich vor ihr abspielte. Sie war sich uneinig, was sie nun tun sollte. Jetzt war ihre Gelegenheit, sich umzudrehen und in die sichere Haushöhle zurückzukehren. Zurück zu ihren Eltern, die sich bestimmt schon riesige Sorgen machten. Die ihr wahrscheinlich verbieten würden, innerhalb der nächsten drei Sonnenzirkel das Tageslicht wieder zu betreten. Gouri seufzte.
Dieser Schildzwerg... er schuldete ihr nichts, denn es waren die Zwerge gewesen, die ihr Bündnis mit den Drachen gebrochen und so nebst der Zerstörung vieler ihrer so prächtigen Bauten auch Krieg und Unheil über das einst so friedliche Graue Gebirge gebracht hatten. Eigentlich sollte Gouri sogar froh sein, dass es bald einen Zwerg weniger auf dieser Erde gab. Aber sie konnte nicht. Der Mut dieses Kriegers faszinierte sie: Er hatte einen Drachen auf sich gehetzt, einen Mentalen Schrei erlitten, und er lebte immer noch. Er hatte seine Waffen verloren, sein Schild war verkohlt und sein eleganter Bart hatte sich im Flammeninferno von eben gerade verabschiedet. Dennoch stand er vorsichtig auf, aufrecht dem sich immer noch von der Anstrengung erholenden Drachen entgegenstellend, und blickte ihm entschlossen und ungerührt ins echsenartige Angesicht.
In ihrer Kindheit hatte Gouri stets fasziniert den Legenden von Zwergen und Drachen, von mächtigen Schilden und den Landen jenseits des Grauen Gebirges gelauscht. Und die Heroen in diesen Geschichten liefen nicht von einem unfairen Kampf davon, sondern setzten sich für Gerechtigkeit ein. Und dieser Kampf zwischen Schildzwerg und Drache war nicht gerecht.
In diesem Moment entschloss Gouri sich: Sie würde nicht wegrennen. Sie würde wenigstens diesen einen Streit zwischen Zwerg und Drache zu schlichten versuchen! Das fühlte sich richtig an! Und so richtete Gouri sich auf, ihr verfilztes Agrenhaar wehend im heissen Wind, und war schon kurz davor, zwischen den Schildzwerg und den Feuerdrachen zu springen, um diesem Unsinn Einhalt zu gebieten...
...da fasste sie sich wieder. Einfach so zwischen einen wütenden Drachen (insbesondere ein Jungtier) und einen Schildzwerg zu springen, war kein gescheiter Weg, sein Leben zu verlieren. Gab es vielleicht andere Wege, wie sie dem ungeschützten Schildzwerg helfen konnte?
So jung, wie Sagrak, der Drache, war, wollten seine Eltern bestimmt nicht, dass er sich alleine auf Zwergenjagd befand. Auf einem aufmüpfigen Ausflug war er also! Wahrscheinlich kannte er sich nicht im Geringsten mit der realen Welt aus. Er hatte wohl davon geträumt, bei seiner kleinen Exkursion eine Horde böser Zwerglein zu finden und problemlos zu flambieren, „ihrem gerechten Ende zuzuführen“, wie die Drachen es in ihren Gutenachtgeschichten ihren Kindern beibrachten. Und nun wunderte er sich, wie es sein konnte, dass er den Schrei genutzt und seinen Feueratem verbraucht hatte, während dieses dreckige Wichtlein vor ihm noch lebte. Viel brauchte es nicht mehr, damit Sagrak verunsichert das Weite ziehen müsste. Allerdings nichts, was die schwache Gouri selbst tun könnte. Aber vielleicht jemand anderes?
Gouri blickte wild um sich. Die meisten Wesen in ihrer Nähe waren geflohen, doch da! Dort im Felsen hinter Sagrak konnte sie einen Eingang zu einem Arpachenbau erkennen!
Die Arpachen, riesige Insektoide, hatten mit ihren mächtigen Kiefern einst Gänge durch das Graue Gebirge gegraben und wie die Zwerge ein System aus unterirdischen Gängen gebaut – wenn auch weit weniger elegant. Im Gegensatz zu den inzwischen aus taktischen Gründen zugeschütteten Eingängen zum Zwergenreich Cavern waren die Höhlen, die die Gänge zu den Arpachenbauten markierten, weder getarnt noch verschlossen, und so nutzen verschiedenste Spezies sie gerne als Aufenthaltsort.
Allen voran natürlich die Agren, die Gouri in so einer Situation nicht gross helfen könnten.
Ein Höhlenwicht wäre auch nicht wirklich hilfreich; diese schleimigen Gestalten waren kaum stärker als ein Agren und griffen bloss an, wenn ihr Gegner ihnen den Rücken zuwandte.
Eine Sporne wäre schon etwas besser; diese Spinnenwesen konnten zwar nichts gegen einen Drachen ausrichten, würden aber, wenn provoziert, wütend aus ihrer Höhle schiessen und durch aufgestellte Vorderbeine versuchen, ein möglich einschüchterndes Bild abzugeben, was vielleicht schon genug war, um Sagrak zu vertreiben.
Ein Hornbär wäre noch effektiver; diese gehörnten Riesenbären konnten es tatsächlich mit einem jungen Drachen aufnehmen, wenn sie aus ihrem Winterschlaf geweckt wurden.
Der Hauptgewinn wäre aber eine Trollhöhle. Die Trolle waren mit Abstand die stärksten flugunfähigen Wesen im Grauen Gebirge und eine Horde von ihnen hatte sogar schon einmal einen ausgewachsenen Drachen erlegt. Sie waren nicht mit hoher Intelligenz gesegnet – den besiegten Drachen hatten sie verspeist, ohne das Fleisch auch nur anzubraten zu versuchen, und diejenigen Trolle, die nicht an die Lebensmittelvergiftung ihr Leben gelassen hatten, waren kurz daraufhin von den übrigen Drachen dabei erwischt worden, wie sie triumphierend aus den skeletalen Überresten des Gefallenen eine Hütte zu bauten versuchten – aber man brauchte keine hohe Intelligenz, um einen kleinen Drache wie Sagrak zu verschüchtern.
Und so klaubte Gouri einen scharfen Stein aus dem felsigen Boden, wog die Distanz zur mysteriösen Höhle kurz ab und warf ihn dann energisch in die Richtung des Höhleneingangs.
Sie verfehlte um Längen und traf Sagrak am Kopf.
Rückblickend war das vielleicht sogar etwas Gutes, da es dem Schildzwerg einige wertvolle Sekunden schenkte. Aber in dem Moment, als Gouri erblickte, wie ihr Stein den Drachen an der Schläfe traf und dieser blitzschnell den Kopf drehte und sie aus seinen glühenden blutroten Augen direkt anstarrte – in diesem Moment hüpfte Gouris Herz in ihre Mooshose, und sie konnte nichts mehr, als „Spornendreck“ zu flüstern und innerlich mit ihrem Leben abzuschliessen. Dann fasste sie sich wieder, und als der Feuerdrache langsam auf sie zuschritt, den Kopf auf dem langen Hals weit erhoben (sie wusste, dass er sich so auf einen erneuten Feuerstrahl vorbereitete, und dieser wäre ihr Ende und das des Schildzwergs gewesen), der lange stachelbesetzte Schwanz zuckend vor Vorfreude, warf Gouri voller Adrenalin einen zweiten Stein.
Der spitze Gesteinssplitter drehte sich mehrmals um die eigene Achse, beschrieb eine elegante Flugparabel über Sagraks Kopf hinweg und verschwand im Dunkel der Höhle, wo ein leises Klack anzeigte, dass er ein Ziel gefunden hatte.
Ein tiefes, wütendes Brüllen erklang. Wie viel Glück konnte eine Agren haben? Es handelte sich tatsächlich eine Trollhöhle!
Sagraks Augen verengten sich, und er wandte sich ebenso blitzschnell, wie er seine Aufmerksamkeit auf Gouri gerichtet hatte, wieder von ihr ab. Gouri sah in ihm nicht mehr das feuerspeiende, bösartige Monster, dass sie noch eine Sekunde zuvor in ihm gesehen hatte. Stattdessen war er bloss ein armes Jungtier, hineingeführt in einen Konflikt, welchen es nicht begonnen hatte und welchen es nicht beenden konnte. Furcht stand in Sagraks Blick und seine Furcht brach aus seinem Kopf heraus, erfüllte Gouri und den Schildzwerg.
Dann trat der Troll aus der Höhle.
Es war ein furchterregendes Monstrum, Beine so dick wie Eichenstämme, Muskeln wie ein Bär und riesige gewundene Hörner, für die es keinen Vergleich im Tierreich gab – nicht mal ein Hornbärenhorn konnte mit der Stabilität und Tödlichkeit eines Trollhorns auch nur annähernd mithalten. Jetzt brüllte der Troll, sich immer noch das Auge reibend, welches Gouri anscheinend getroffen hatte: „WER WAGEN WERFEN DIESEN STEIN HIER?!“
Trolle brauchten nicht viele Worte, damit man sie verstand. Der breite Troll blickte sich wütend um und fokussierte seinen Blick natürlich auf den grössten potentiellen Gegner im Raum, Sagrak.
Ungeachtet der Tatsache, dass Sagrak mit seinen Tatzen wahrscheinlich nicht mal einen grossen Schild greifen konnte, also definitiv nicht den Steinbrocken geworfen hatte, stapfte der Troll furchtlos auf den Drachen zu und brüllte: „DIESER TROLL HIER KNACKEN DIESEM DRACHEN DORT SEIN HALS!“
Die beiden Riesenwesen machten Augenkontakt. Weisse, pupillenlose Augen trafen auf loderndes Rot. Dann war der Troll bei Sagrak angekommen. Nun spie Sagrak Feuer, doch der Troll war schneller und drückte ihm die Schnauze zu. Ein klein wenig Glut floss dem prustenden Drachen aus der Nase, und der Troll brüllte auf vor Schmerz, als es über seine Hand floss und seine Haut versengte. Er hielt jedoch weiterhin fest. Sagrak versuchte verzweifelt, sich loszustrampeln. Er wandte und drehte sich, und entschlüpfte dem Griff des Trolles. Seine Flügel bereits entknittert, sprang er hoch in die Luft, um entrüstet davonzufliegen.
Gouri war damit zufrieden. Sobald der Drache in den fliegenden Zustand gekommen war, würde ihm keine Gefahr mehr durch den Troll drohen. Sagrak würde verstört das Weite suchen, und der Troll würde ihm folgen, von der einfältigen Hoffnung erfüllt, ihn immer noch zu erwischen. Sie und der Schildzwerg wären in Sicherheit. Ende gut, alles gut.
Gouri stolperte den Hang hinunter auf den sich immer noch hinter Schildüberresten duckenden Zwerg zu und näherte sich ihm vorsichtig. Seine Augen weiteten sich, als er sie als Angehörige der Agren erkannte, und sein Blick schien sie anzuflehen, die Dummheiten sein zu lassen und sich nicht seinetwegen in Gefahr zu begeben. Gouri ignorierte sie und wollte ihm schon aufhelfen...
...da packte der Troll den wegfliegenden Sagrak am dornigen Schwanz und zog diesen zurück auf den Erdboden, wo er ungeschickt aufklatschte. Die Erde erbebte, sodass selbst Gouri Mühe hatte, auf ihren stämmigen Agrenbeinen stehen zu bleiben. Der Troll überquerte den Weg zu Sagraks Brustkorb mit einem gewaltigen Sprung und landete auf ihm, seine massigen Beine links und rechts auf die zerschmetterten Flügel der Echse stellend. Sagrak schrie auf. Sein Schrei ging allen Anwesenden durch Mark und Bein. Dann schnappte er mit seinen scharfen Zähnen nach der Nase des Trolles. Dieser lachte nur auf, klemmte Sagraks Schnauze erneut fest. Sagrak stach mit seinem Schwanz nach dem Rücken des Trolls. Dieser grunzte nur amüsiert und drückte noch fester zu.
Die kämpfenden Giganten waren Gouri definitiv zu nahe – wenn Sagrak eine ungeschickte Bewegung mit seinem Dornenschwanz machen würde, dann wären sowohl sie als auch der Schildzwerg Spiesschen. Ein Stossgebet sendend an die Geister des Waldes, des Steins und der Lüfte, näherte sich Gouri dem angekokelten Schildzwerg, welcher sich inzwischen erhoben hatte.
„Folge mir!“, flüsterte sie eindringlich. Der Zwerg tat wie geheissen und humpelte ihr nach, weg von den kämpfenden Biestern. Sie mussten zu einem sicheren Agrenbau, wo den Schildzwerg hoffentlich Verpflegung und Arzneien erwarten würde, und zwar schnell!
Als sie glaubte, genug weit weg von Troll und Drache zu sein, warf Gouri einen Blick zurück.
Ihr gefiel nicht, was sie erblickte.
Sagrak wand sich ein letztes Mal vergeblich. Verzweifelt sandte er einen leisen Mentalen Schrei aus, welcher nicht einmal den angeschlagenen Schildzwerg von den Füssen holte. Dann blubberte er einen letzten Rest Lava aus seinem Magen heraus und versuchte, diesen dem Troll anzuspucken. Nichts half ihm aus seiner misslichen Lage. Sein Leben zog vor seinem inneren Auge vorbei, und so offen, wie sein Geist momentan war, zog sein Leben auch vor den Augen von Agren, Schildzwerg und Troll vorbei. Kurze Eindrücke von verschiedensten Momenten schossen auf sie ein: Der erste Riss in Sagraks Eierschale, durch den das helle Licht der Aussenwelt schien; seine erste Jagd; seine erste Flamme, wie sie einen ganzen Baum mit nur einem Niesser in Brand setzte; ein Bad im See am Grunde der Krahal-Schlucht mit einer Drächin, die er sehr mochte; die reine Wut, als er von Kreatoks Verrat gehört hatte; die Genugtuung, mit welcher er Dutzende Zwerge durch die Winterburg jagte; die Furcht, als direkt neben ihm sein bester Freund mit einem riesigen Stein aus einem Wurfgeschoss der Riesen vom Himmel geschlagen wurde; die Rachegefühle, die er verspürte, als er die Zera tief im Lavafluss Enran begrub, gemeinsam mit den zwei Riesen, die das Katapult bedient hatten... dann wurde es still.
Äusserlich hatte sich am Drachen nichts verändert, doch das Feuer in seinen Augen war erloschen, und er wehrte sich nicht mehr. Sein Körper wurde schlaff und seine Klauen bohrten sich nicht mehr länger in die grobe Haut des Trolls, sondern fielen kraftlos auf die Seite.
Die letzten Eindrücke, die die Anwesenden aus Sagraks Geist empfangen hatten, waren ein Bild und ein einziges Wort gewesen.
Das letzte Bild, welches dem Drachen durch den Kopf geschossen war, war ein riesiger schwarzer Baum aus Stein, über und über mit Edelsteinen verziert, in einer Art Höhle, in die wohl die ganze Winterburg doppelt und dreifach gepasst hätte. Der Steinbaum war umgeben von einem sanften blauen Leuchten, und dutzende von Drachen sassen auf seinen Ästen und unterhielten sich. Weiter unten sah man kleine Kreaturen, die mit ihren Hornklauen die Rücken und Flügel einiger seufzender Drachen massierten. Eine friedliche Stimmung herrschte.
Das letzte Wort, welches der Drache gedachte hatte, war
‚Krahal’.
Gouri hatte den Verdacht, dass Sagraks Geist nicht mehr in diesem Körper weilte, als der Troll triumphierend den Hals des leblosen Drachen schnappte und mit einem breiten Grinsen einmal um die eigene Achse drehte, sodass die Wirbel nur so knackten. Ihr wurde übel und sie musste sich von der Szenerie abwenden. Ein Schleifgeräusch verriet ihr, dass der Troll, dessen Kampfeslust soeben befriedigt worden war, gerade stolz seinen Fang in die Höhle zurückzerrte, um vor seiner Familie damit anzugeben. Mögen sie doch dran ersticken!
Gouri war selbst über ihre Wut auf den Troll überrascht, die sie verspürte. Immerhin hatte der Troll ihr Leben und das des Zwerges gerettet. Aber er hatte auch ein Leben beendet, und er freute sich daran. Das hätte der Drache zwar auch getan, aber dieser hatte immerhin eine gute Begründung für seine Taten. Nun gut, gut war seine Begründung ja nicht, aber wenigstens verständlich. War das Verhalten des Trolles etwa nicht verständlich? Verwirrt liess Gouri sich zu Boden fallen, während ihre Gedanken weiter kreisten.
Jetzt war der Schildzwerg an ihrer Seite. Seinen gepolsterten Helm mit den vielen Runenverzierungen hatte er abgesetzt. Die Überreste seiner Rüstung, sein Bart und sein Haupthaar waren grösstenteils weggebrannt – unter seiner Rüstung erkannte Gouri eine isolierende Schicht schwarzer Stoffstreifen, welche er sich umgebunden hatte – doch strahlte er immer noch etwas Erhabenes aus, wie er vor ihr stand und sprach: „Der Mutter des Steins sei Dank. Nein, Euch sei Dank! Was Ihr getan habt... ich dachte, die Agren mischen sich nicht ein in... egal, ich will nur ausdrücken... wie kann ich das nur je wiedergutmachen?“
Gouri war immer noch schockiert von der Gewalt, die sie gerade erlebt hatte. Sie hatte die Geschichten gehört und einige Drachenangriffe aus der Ferne miterlebt, doch dies hier war ein Erlebnis ganz neuen Ausmasses gewesen.
„Diese Trolle sind eine elende Plage!“, stiess sie hervor. Das machte keinen Sinn, der Troll hatte soeben ihr und des Zwerges Leben bewahrt. Sie sollte nicht wütend auf ihn sein. Aber die sinnlose Grausamkeit, die das Wesen nonchalant an den Tag gelegt hatte, weckte überraschend viel mehr Emotion in ihr als die Grausamkeit, die die Zwerge und Drachen einander aufgrund ihrer langjährige Feindschaft zeigten. Nicht, dass der Krieg sinnvoll gewesen wäre.
Der Zwerg erwiderte: „Ihr meint, das Graue Gebirge hätte eine Trollplage? Ich komme gerade von einem Treffen aus dem Trollland in Norden. Die dort lebenden Hünen überragen den grössten Schildzwerg um über zwei Köpfe und leben dennoch im wahrsten Sinne des Wortes in den Baumwipfeln, weil auf dem Boden zu viele Angriffe durch Trolle drohen. Das ist doch verrückt! Das nenne ich eine wahre Trollplage!“
Er klang beinahe enerviert. Dann fiel ihm auf, dass so eine Reaktion nicht förderlich war, und fügte hinzu: „Verzeiht bitte. Es war ein... aufregender Tag.“
Gouri schwieg. Sie wusste nicht, was zu sagen war. Sie wusste nicht, wie es jetzt weitergehen sollte. Sie hatte stets davon geträumt, selbst Teil einer Sage zu werden und einen jungen Zwergenprinzen zu treffen. Aber die Realität war auf einmal überwältigender als ihre Fantasie.
„Ich bin Gouri“, sprach die Agren schlicht.
„Prip, Sohn des Aigar, Bote des Eisernen Stuhls von Cavern und Hüter des Casamatucs der Drei Wasser, zu Euren Diensten“, erwiderte der Schildzwerg mit einer angedeuteten Verbeugung.
Gouri wünschte sich, sie hätte auch einige Titel zu nennen. Sie streckte ihm ihre grüne Hand zur Begrüssung hin und Prip schüttelte sie mit seinen Eisernen Handschuhen. Gouri schrie auf, denn die Handschuhe waren immer noch heiss vom Odem des Feuerdrachen (offenbar waren sie innerlich isoliert, sodass Prip die Wärme nicht verspürt hatte). Prip entschuldigte sich vielmals. Beide tauschten ein nervöses Lachen aus. Dann besann Gouri sich: Ihr ging es immer noch prima, doch Prip war, auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte, verwundet und verbrannt, und brauchte dringend einen Heiler. Sie mussten zurück zu den anderen Agren.
„Prip, Dir... Euch geht es nicht gut. Ich kenne den besten Heiler des Grauen Gebirges und kann Euch zu ihm führen. Folgt mir!“
Prip blickte sie kurz stolz an, als wollte er sie herausfordern, seinen gesundheitlichen Zustand nicht zu kritisieren. Dann sprach er: „So gerne ich auch die Dienste dieses Heilers in Anspruch nehmen würde, nehme ich doch an, dass er den Schildzwergen ein wenig zurückhaltender gegenübersteht als Ihr, und ich will die Gastfreundschaft der Agren nicht überstrapazieren. Zudem muss ich dringend zu der Zwergenfeste „Die Drei Wasser“, dem Fürsten von Cavern Bericht erstatten gehen.“
Gouri prustete beinahe los. Prip würde in seinem jetzigen Zustand doch keine drei Baumlängen weit kommen. Allerdings hatte er recht – die übrigen Agren würden sich nur ungern um einen Schildzwerg kümmern wollen, erst recht nicht, wenn dieser gerade erst eine Auseinandersetzung mit einem Drachen gehabt hatte. Auch wenn es die Drachen waren, die zwischendurch den einen oder anderen unvorsichtigen Agren brateten, so waren es in ihren Augen die Zwerge, die die Angriffe dieser Tiere provoziert hatten, und so waren Zwerge keine gern gesehenen Gäste.
Gorui fasste einen Entschluss: „In diesem Fall werde ich Euch begleiten. Unterwegs stossen wir bestimmt auf einige Büschel Wolfskraut, dann kann ich Euch immerhin mit einer behelfsmässigen Salbe aushelfen.“
„Wie tief soll ich denn noch in Eurer Schuld stehen?“, ächzte Prip.
Gouri bemerkte, dass er nicht protestierte. Sie verspürte einen Anflug kindlicher Freude. Sie würde diesen Zwerg zu den Hallen der Zwergenkönige begleiten! Sie würde auf ein Abenteuer gehen!
Erst als die beiden die Alte Zwergenstrasse erreichten und eine weitere Höhle passierten, fiel Gouri ein, dass die anderen Agren wohl gerade umkamen vor Sorge um sie.



„Hier ist der Bericht zu Ende“, meinte Thorn erstaunt. „Doch die Geschichte scheint noch nicht so, als wäre sie zu Ende.“
Eara nickte: „Wenn das ein Tatsachenbericht darstellen soll, so wurde er bestimmt einige Zeit nach diesen Vorfällen niedergeschrieben, und da würde es nur sinnig sein, dass auch der Rest davon irgendwo notiert wurde. Aber wo?“
Gilda meldete sich zu Wort: „Vielleicht finde ich ja noch mehr Tafeln, wenn ich mehr Butterbrote backen würde und in den südlichen Wald brächte.“
„Sind wir sicher, dass die Tafeln von da kommen? Das sind Jarids Urteil nach eindeutig danwarische Runen.“
„Aber die Geschichte stammt aus dem Grauen Gebirge! Weiter entfernt von Danwar geht’s doch kaum!“
Die Helden sahen einander nachdenklich an.
Die anderen Tavernengäste tratschten indes munter weiter: „Ein Märchen war das ja wahrlich nicht. Diese Geschichte hat ja nicht mal irgendeine moralische Lektion dahinter!“


Butterbrotbär hat geschrieben:Wenn ihr Lust habt, die Fortsetzung dieser Geschichte zu hören, so bin ich gerne bereit, sie zu erzählen – aber so unordentlich, wie ich bin, scheine ich die nächsten Tafeln schlicht und ergreifend verlegt zu haben! :oops:
Das einzige, was ich noch in meiner Schriftensammlung auftreiben konnte, war ein Bericht von Wrort, dem reisenden Temm. Vielleicht kann dieser ja bei der Suche helfen?
Es gibt nicht allzu viele Möglichkeiten, einen Text in der Taverne zu verstecken. Wie ihr euch vielleicht schon denken könnt, kann man hier einen Link der Form https://legenden-von-andor.de/forum/viewtopic.php?p=ABCDE#pABCDE finden, wobei ABCDE für fünf Ziffern stehen, die es eben zu errätseln gilt. Viel Erfolg! Und dass mir keiner auf die Idee kommt, einfach die Forums-Suchfunktion zu nutzen ;)


Wrort, der reisende Temm hat geschrieben: Da stand ich nun also endlich in Andor, dem legendären Drachenland! Ich hatte eine Höhle erreicht, in der ein netter Fährtenleser mit seinem sprechenden Raben lebte, und teilte eine einfache Mahlzeit mit ihm (grösstenteils Apfelnüsse, diese wachsen in diesem Reich einfach überall). Er erzählte von allerlei Geschichten aus diesen Landen jenseits des Kuolema und fachte damit meinen Entdeckergeist nur noch mehr an. So brach ich am nächsten Morgen nach einer grossen Mütze tiefen Schlafs freudig in Richtung der von König Brandur und seiner Schar erbauten Burg auf. Dieses architektonische Wunderwerk wollte ich mir genauer ansehen. Ich hielt mich auf meinem Weg so nahe wie möglich am Kuolema, da ich mich nahe der Berge sicherer fühlte – die Kreaturen, von denen es in Andor den Gerüchten nach nur so wimmeln sollte, kamen ja bekanntlich vor allem aus dem Osten.
Schon nach zwei Stunden stand ich vor dem majestätischen Gebäude.
Ich notierte mir meine momentane Position.

König Brandur war ein gütiger Mann, der den Worten eines Fremden rasch Glauben schenkte, und so gewährte er mir Einlass in seine Burg und liess mich sogar von einem Wachmann herumführen. Dieser fragte mich, aus welchen Landen ich den stammte, und ich berichtete ihm von Tulgor. Seine Augen leuchteten, als er von unseren grossen Kränen und Baumaschinen hörte. Dann berichtete er, dass am anderen Ufer der Narne, im Wachsamen Walde, der Orden der „Bewahrer vom Baum der Lieder“ herrschte, der meine Berichte über Tulgor liebend gerne in sein Archiv aufnehmen würde. In den Worten des Wachmanns: „Diesen eitlen Pinselnschwingern läuft doch schon doppelt und dreifach das Wasser im Munde zusammen, wenn sie nur hören, dass hinter dem Fahlen Gebirge etwas anderes als eine leere Einöde liegt.“
Ich versprach dem Wachmann, es mir zu überlegen, und brach wieder auf. Die Rietburg verliess ich durch das südliche Tor. So reiste ich fünf Stunden lang, vom ewigen Feuer vor der Burg aus am düsteren Krähenstamm vorbei bis zum Freien Markt der Händler der Andori und schliesslich zu einer kleinen, hell erleuchteten Taverne, wo ich mir mit einigen Silbermünzen eine Übernachtungsgelegenheit ersteigern konnte. Ich plauderte mit einigen Tavernengästen und auch sie rieten mir grösstenteils, zum Wachsamen Walde weiterzureisen. Doch vorher wollte ich noch etwas mehr vom Rietland sehen und das Leben der hiesigen Bauern hautnah miterleben.
Das östliche Rietland hatte ich noch gar nicht besucht, darum heuerte ich zwei Andori an, mich dorthin zu begleiten und mir auf dem Weg die Dunklen Kreaturen vom Leibe zu halten. Es waren beide einfache, aber gute und tapfere Menschen, und ich weiss nicht, wie weit ich ohne sie gekommen wäre. Kaum hatten wir die nächstgelegene Brücke überquert, so wurden wir auch gleich von einem waschechten Troll angegriffen! Ich hatte noch die in meinem Leben so ein furchteinflössendes Wesen gesehen. Die beiden Andori hielten mir das Ungetüm vom Leibe, während ich zum angrenzenden Bauerngehöft floh. Dort wurden ich und die beiden Andori gut versorgt. Wir unterstützen den Bauern als Gegenleistung bei ihrer Arbeit, so gut wir konnten (was in meinem Fall nicht sonderlich gut war, aber was soll’s). Nach dem Abendessen – leckere andorische Butterbrote – trugen mich meine kleinen Beinchen noch gut eine Stunde lang eine kleine Strecke der Narne entlang gen Süden. Dort setzte ich mich an eine Böschung und meditierte in der Stille der Nacht.
Ich notierte mir meine momentane Position.

Beim nächsten Sonnenaufgang fanden mich die beiden Andori frierend an diesem Ort, und ich musste den beiden versprechen, nie mehr einfach kommentarlos zu verschwinden. Sie hatten sich wohl Sorgen um mich gemacht. Wie nett.
Wir drei nutzten an jenem Tage die 7 sonnigen Stunden des Tages zu ihrer Völle aus und reisten zum Wachsamen Wald und sogar bis in den Wachsamen Wald hinein, auf den sagenumwobenen Baum der Lieder zu. Auf unserem Weg überquerten wir eine auf Pfählen gebaute Brücke, die sogenannte Bogenbrücke. Davon würde der Hohe Architekt Tulgors bestimmt gerne hören.
Ich war froh, als wir die nebligen Gebieten nahe der Narne und des Likko verliessen, da sich darin jederzeit weitere Dunkle Kreaturen verstecken konnten.
Ganz bis zum legendären Baum der Lieder schafften wir es an diesem Tag nicht mehr, aber ich konnte den mächtigen Stamm durch das Fernrohr, welches einer meiner beiden Begleiter stets bei sich trug, bereits ganz gut erblicken, als wir nach 7 Stunden Wanderung auf die ersten Bewahrer vom Baum der Lieder stiessen.
Diese Bewahrer waren misstrauischer als die Bewohner der Rietburg und konnten sich nur langsam davon überzeugen lassen, ihre Bögen zu senken. Den beiden Andori vertrauten sie natürlich, aber mit mir und meinen magischen Kräften, die ich ihnen demonstrierte, war es etwas anders. Offenbar waren Zaubertricks in diesen Landen nicht mehr so gut angesehen, seitdem ein gewisser Dunkler Magier hier sein Unwesen getrieben hatte. Gut zu wissen.
Schlussendlich zeigten die Bewahrer uns aber trotzdem den kleinen Lagerplatz, den sie an dieser Stelle gebaut hatten.
Ich notierte mir meine momentane Position.

Dann legten wir, das heisst ich, die beiden angeheuerten Andori und die beiden Bewahrer, die uns gefunden hatten, uns schlafen.
Am nächsten Tag dann trafen wir endlich beim Baum der Lieder ein. Der Oberste Priester, Melkart war sein Name, war gekleidet in ein edles weissen Gewand und tatsächlich komplett aus dem Häuschen, von einer neuen Welt hinter dem Kuolema zu hören. Er quetschte mich bei allerlei gutem Essen über die Geographie, Kultur und dergleichen meiner Heimat aus. Die beiden Andori kehrten bald darauf ins westliche Rietland zurück und die beiden Bewahrer begaben sich wieder auf ihren Wachposten
Und ich, ich werde nach einigen Tagen ergiebiger Gespräche mit Melkart und den seinen fröhlich weiterreisen. Vielleicht kehre ich später einmal zurück, um von meinen weiteren Erlebnissen zu berichten.











Ich weiss, viele Leute haben in diesem Forum bereits danach gefragt, wie Drukil sich im Reinen Instinkt verhält. Ich entschuldige mich dafür, auch damit daher zu kommen; Ich will sichergehen, dass ich verstehen, wie der Bär funktioniert:

Zunächst einmal:
Kommt der Bär an die Reihe und hat er weniger als 5 WP, so wählt er die Aktion Laufen und läuft genau ein Feld weit. Er bewegt sich auf das nächstgelegene Waldfeld zu. Sind zwei Waldfelder gleich weit entfernt, bewegt er sich auf das mit der kleineren Feldzahl zu.

Soweit alles gut?
Gibt es mehrere kürzeste Wege auf das nächste Waldfeld mit der kleineren Feldzahl, kann der Spieler dann bestimmen, welchen Weg der Bär geht, oder ist das vorbestimmt (ich nehme an, er liefe dann jeweils auf den Weg mit der kleineren Feldzahl)?

Steht der Bär bereits auf einem Waldfeld, bleibt er dann stehen? Oder läuft er weiterhin jeweils auf das angrenzende Waldfeld mit der kleinsten Feldzahl?

Läuft der Bär im Reinen Instinkt zufälligerweise auf ein Brunnenfeld, kann Drukil den Brunnen leeren? Kann er in diesem Zustand auch Proviant aufnehmen/ablegen?

Und nun kommt die Frage, die mich am meisten beschäftigt: Was geschieht, wenn Drukil in der letzten Hoffnung auf einem Turm oder in der Nähe der Winterburg seinen Willen verliert? Um wieder zum Menschen zu werden (gesetzt den Fall, es ist gerade keine Eara mit einem Zauber zur Verfügung, um ihn zu retten), muss er ein Waldfeld erreichen. Um ein Waldfeld zu erreichen, muss er ein Sprungfeld nutzen. Dafür hat er aber nicht genug WP. Was nun? Bleibt der Bär vor dem Sprungfeld stehen und steckt für den Rest der Legende fest?
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Re: Drukil steckt fest

Beitragvon Ragnar » 27. Februar 2019, 00:47

Hallo Butterbrotbär,

im Prinzip hast du alles richtig verstanden. ;)

1) Dies wird in vergleichbaren Situationen verschieden gehandhabt. Bsp. müssen Skelette immer das Feld mit der kleineren Feldzahl wählen, während der Spieler es bei König Thorald (die Jagd) frei entscheiden durfte. Da Drukil letztendlich immer noch ein Held ist und nur das Waldfeld als Zielfeld wichtig ist, würde ich es frei wählen.

2) Erreicht Drukil das erste Waldfeld oder steht bereits auf einem Waldfeld, bleibt er dort stehen. Der Bär läuft innerhalb des Waldes nicht weiter.

3) Ja, beides ist möglich.
S. Karte "Hautwandler in Bärengestalt", 1-4 WP, Punkt 4

4) - Drukil nutzt seinen Armreif oder
- wartet auf Ereigniskarte Nr. 224
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Re: Drukil steckt fest

Beitragvon Butterbrotbär » 27. Februar 2019, 21:05

Hallo Ragnar,

Ich habe jetzt erst kapiert, dass der Armreif nicht nur dazu taugt, den Bären früher ins Spiel zu bringen, sondern dass er auch einen nützlichen Fail-Safe darstellen kann. Danke dir dafür – und natürlich auch für die Erklärungen.

Liebe Grüsse
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