Die Taverne von Andor

Hallo.

Die simple Frage beschäftigt mich seit ich das Spiel vor kurzem ausgepackt habe. Ich verstehe, warum das auf Meta-Ebene so eingerichtet ist, aber es fühlt sich irgendwie falsch an, irgendwie künstlich. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass es eine Bestrafung für einen Spielerfolg ist. Und dabei wird man nicht nur selbst bestraft, sondern alle Helden und Spieler, die bis dahin noch nicht fertig waren. Ich habe mich schon dabei ertappt zu denken: Ach den einen kann man durch lassen, ich hab wichtigeres zu tun. Das finde ich traurig, denn es fühlt sich nicht heldenhaft an, sondern eher wie bei Master and Commander: Das kleinere Übel, doch Übel bleibt Übel. Denn dann ist das eine Kreatur die vermutlich einige Menschen in der Burg tötet, bis sie von den Soldaten zur Strecke gebracht wird. Das muss man doch verhindern können, wir sind Helden verdammt!

Okay zugegeben, vielleicht bin ich zu immersiv, zu sehr Rollenspieler für Andor, aber mal ehrlich: irgendwie ist das eine ungünstige Regelung oder?
Wie gesagt, die Spielmechanik dahinter ist mir schon klar, aber es muss dafür doch auch eine andere Möglichkeit geben.

@Salieri
Kann deine Haltung nachvollziehen. In irgend einer Fanlegende gabs da mal ne interessante Regelung dazu.

Gegner töten und Erzähler nicht ziehen, dafür aber dann keine Belohnung erhalten.

Das währe evtl. eine Lösung.

Sorry Salieri, aber entweder verstehe ich dich falsch oder du verstehst etwas falsch.
Der Tag endet nicht, wenn eine Kreatur besiegt wird, es geht nur der Erzähler ein Feld weiter. (#Talon: besiegt, nicht getötet. Und du sprichst vom Einsatz des Gegenstandes Gift, der kommt aber in manchen auch offiziellen Legenden vor, zB in 50% aller Fälle von Legende 5).

Wenn der Erzähler weiter geht, dann wird der Tag aber an derselben Stelle fortgesetzt, an der der Kampf beendet wurde. Jeder Spieler hat dann noch die restlichen Stunden über. Die Zeitsteine werden nicht zurück auf das Sonnenaufgangsfeld gesetzt und es werden auch keine sonstigen Symbole beim Sonnenaufgang durchgeführt.

Im Gegenteil, diese Regelung (Erzähler geht bei jeder besiegten Figur ein Feld vor) soll zuviel Gewalt und sinnloses bekämpfen von Kreaturen verhindern.

Lieben Gruß Galaphil

Hallo Salieri

Ich kann verstehen, dass Du es als "Bestrafung" empfindest, dass der Erzähler nach jeder besiegten Kreatur weitergeht. Das ist aber sozusagen der Kern des Ganzen und ist enorm wichtig für die Balance. Denn die Helden werden ja mit jeder besiegten Kreatur stärker (durch die Belohnung). Die Kreaturen bleiben gleich stark/schwach. Durch das Voranschreiten des Erzählers weiß das Spiel, wie stark die Helden in etwa sind und dass nun neue stärkere Kreaturen oder neue Aufgaben ins Spiel kommen müssen. Der Erzähler ist sozusagen die KI des Spiels und orientiert sich an den Erfolgen der Spieler.
Auch für die unterschiedlichen Spielerzahlen ist es wichtig, da 2 Spieler nun einmal nicht so stark sind oder so viele Stunden haben wie 4 Spieler. Die Burg und die goldenen Schilde sind so zusagen der Ausgleich damit 2 Spieler z.B. einen Troll einfach mal passieren lassen können.
Ich wollte vermeiden, dass die Stärke der normalen Kreaturen von der Spielerzahl abhängig ist, damit man die Werte nicht ständig neu lernen muss.

Wie gesagt, ich kann Dich durchaus verstehen, aber spieltechnisch ist das so schon recht gut gelöst, denke ich.

Vielleicht kann man es thematisch so erklären, dass jeder goldene Schild an der Burg für tapfere Kämpfer innerhalb der Burgmauern steht. Je weniger Helden draußen unterwegs sind, desto mehr sind innerhalb der Burgmauern. Wir überlassen die Trolle also nicht wehrlosen Andori sondern tapferen Kämpfern.
Was meinst Du?


Viele Grüße
und weiterhin viel Spaß in Andor

Micha

Nachts um halb 10 eine Antwort vom Autor zu bekommen ist schon etwas ganz besonderes. Ich bin irgendwie etwas sprachlos.

Ich habe die Regeln auch völlig falsch verstanden. Ich habe die Leiste A-N als Tageszähler verstanden und somit untrennbar mit der Stundenleiste verknüpft. Dann war es in meinem Kopf nur logisch einen neuen Tag zu beginnen, wenn vom voranschreitendem Erzähler die Rede war. Ich habe einfach darüber hinweg gelesen. Das war mein Fehler. (Interessanterweise ist mir aufgefallen, dass ich etwas falsch verstanden haben muss, als ich das vor dem Lesen der Antworten nochmal durchgespielt habe. Denn mit vier Helden wäre die erste Legende schon unmöglich zu lösen, wenn nach jeder besiegten Kreatur ein neuer Tag beginnt.)

Auch habe ich die spielmechanische Begründung aus dem oben stehendem Missverständnis etwas falsch interpretiert. Die Kombination aus Galaphils und Michaels Antwort ergibt dann schon sehr viel mehr Sinn und ist auch sehr viel befriedigender. Den Erzähler als KI anzusehen die den Schwierigkeitsgrad anhebt ist schon irgendwie genial (aber mit einer Schwäche, s.U.). Auch wenn mir die rollenspielerische Erklärung der Goldenen Schilde von Michael nicht völlig zusagt. Als PC fühle ich mich immernoch schäbig wenn ich einen Gegner durch lassen muss, das kratzt am Helden-Ego... Aber gut, damit muss man auch mal leben.

Vielen Dank für die raschen und informativen Antworten. Das klärt die Sache. Was nun noch an mir nagt ist die Tatsache, dass mit jedem Sieg die verbleibende Zeit geringer wird. Das empfinde ich nach wie vor als Schwäche des Spiels, aber es ist so sehr viel nachvollziebarer und einfacher zu akzeptieren. Vielleicht ändere ich meine Meinung aber auch, wenn ich mal über die erste Legende hinaus gekommen bin.

Hallo Salieri

na, das würde mich freuen. Melde Dich wenn was unklar ist. Die Taverne ist rund um die Uhr besetzt

Viele Grüße
und viel Spaß in Andor
Micha

Hallo Salieri,

es ist tatsächlich so, dass Rollenspieler sich oft mit Andor und dem Grundsatz
"nur Kreaturen bekämpfen, wenn es wirklich notwendig ist"
schwer tun. Da findest du hier im Forum einige Meldungen zu.

Der Grund, aus dem der Erzähler vorgesetzt werden muss, wurde dir von
Michael Menzel ja schon erklärt.
Würde man diese Spielmechanik aushebeln, müsste man Helden und Kreaturen ständig gegenseitig aufrüsten. Das ist für ein Brettspiel erst recht sinnlos:

Michael Menzel hat geschrieben:Ja. Den Schwierigkeitsgrad über mehrere Legenden hinweg aus zu balancieren wäre sehr schwer. Zudem bleiben die Kreaturen immer gleich stark/schwach. Es könnte auch passieren, dass ein Held, der sich in einer Legende für die Gruppe aufgeopfert hat, mit einem Nachteil in die nächste Legende ginge. Auch müsst die Spielgruppe immer gleich bleiben. An dieser Stelle ist Andor mehr Brettspiel als Rollenspiel.

Viele Grüße
und viel Spaß weiterhin in Andor

Micha

Auch werden die Helden nicht bestraft, sie erhalten doch eine Belohnung für einen Sieg über eine Kreatur.

In der Burg werden die Kreaturen sofort auf die goldenen Schilde gestellt, da bleibt gar keine Zeit für weitere Kämpfe. MM schreibt, dass jeder Schild in der Burg für tapfere Kämpfer steht, vielleicht tafeln ja auch alle ganz friedlich zusammen, schließlich greifen die Kreaturen nie von sich aus an.

In Andor werden Kreaturen überwunden, bezwungen, besiegt usw. jedoch nicht getötet.
Du könntest dir daher die goldenen Schilde auch als Kerkerzellen vorstellen, in denen die "bösen Kreaturen" sicher verwahrt werden.

Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, den Erzähler zu beeinflussen:
- Mit dem "Drachenlied" kann man den Erzähler bis zu zweimal zurücksetzen. (Ist zwar für Legende 5, kann man aber auch in anderen Legenden nutzen)
- Gift (Wirkung wurde schon beschrieben)
- Karte "Geheimer See" (Nr.4), die den Erzähler zurücksetzt. Die "Geheimer See"-Karten kommen in L4, Die Befreiung der Mine und Kampf um Cavern vor.
- Sternenschild, damit kann man zwei Mal das Voranschreiten des Erzählers am Anfang des Tages verhindern -> Sternenschilderweiterung
- diverse Fan-Mini-Erweiterungen: Klick mich
Mit den Mini-Erweiterungen kann man das Spiel vereinfachen oder erschweren, vielleicht ist da was für dich dabei.

In der Fan-Legende "Das große Gemetzel" von Madoc muss man gegen (fast) alle Kreaturen kämpfen. Für besiegte Gors bekommt man die Belohnung, der Erzähler geht jedoch nicht weiter.
Vielleicht wäre die etwas für dich.

VG Ragnar

Ich kenne KEIN , sic!, anderes Abenteuer-Helden-Spiel, und ich kenne ein, zwei; mit diesem Mechanismus! Gewalt ist hier nicht Selbstzweck und Wesensinhalt des Heldentums. Das ist es, was Legenden von Andor für mich so einzigartig macht.
Einer meiner größten und stärksten Andor-Momente war, als ich das erkannt habe. Deshalb spiele ich es immer wieder, verbreite es in meinem Bekanntenkreis und unterstütze Foren und mehr mit Antworten und Hilfe.

Durch Hack&Slay Rollenspielrunden (Es geht bei jedem RSP-System nämlich auch anders!) wird "Held" leider umbesetzt. Bringen die Helden unserer Kindheit aus Buch, Geschichte, Märchen, Film einfach alles Böse um? Nein!
Gewalt ist die Sprache der Dummen. Und führt zur Dunklen Seite der Macht.
Viele, die leben, verdienen den Tod und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.

In diesem Sinne friedliche Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr.

Sorry, der vorletzte Absatz wurde etwas stark zum Ende hin. Wer die Zitate erkennt, darf sich die jeweilige Geschichte nochmal reinziehen.

Tassilo hat geschrieben:Viele, die leben, verdienen den Tod und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand.

Das Ende Deines Textes wirkt nur dann etwas krass, wenn man das nicht als Tolkien-Zitat kennt.