Hallo zusammen,
Zu finden ist hier mal wieder eine unfertige Heldenidee meinerseits. Ideen, Anmerkungen, Anregungen, Kommentare, Korrekturen, Kritik, und allerlei Ähnliches sind wie üblich äusserst willkommen. Und diesmal habe ich sogar noch eine kurze Story dazu.
Liebe Grüsse
Der Butterbrotbär
„Sind wir bald da? Ich mag’ einfach nicht mehr weiterziehen!“, exklamierte Kaleido und liess sich demonstrativ ins noch mit Morgentau besetzte Gras fallen. Dort am kalten Boden schien es ihr allerdings auch nicht besser zu gefallen, und deswegen rappelte sich die nun relativ durchnässte Kaleido rasch wieder auf, klopfte sich etwas Staub von den glitzernden Kleidern und blickte zu Lynnra, um zu sehen, ob ihre Aktion wahrgenommen worden war.
Lynnra hatte sich zu Kaleido umgedreht und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Bei Kaleidos kindlichem Verhalten fiel es ihr nur allzu leicht, zu vergessen, dass sie es hier mit einem uralten Naturgeist zu tun hatte. Oder vielleicht war Kaleido auch eine verwunschene Fee? Irgendetwas in der Art. Lynnra hatte sich noch nie sonderlich gut mit den alten Mythen ausgekannt, und für sie war Kaleidos Klassifikation nie wichtig gewesen.
Als Lynnra Kaleido zum ersten Mal getroffen hatte, hatte Lynnra noch einem stolzen Barbarenstamm angehört und Kaleido war noch als golden glänzende Gaswolke in Erscheinung getreten. Reflexartig versuchte Lynnra, die schmerzhaften Gedanken an diese unbesonnene, bessere Zeit zu verdrängen. Ob Kaleido sich überhaupt noch daran erinnerte? Heute war von Lynnras Stamm nur noch sie selbst übrig, alle anderen verschleppt oder ermordet vom Riesenvolk aus dem Süden mit dessen furchtbarer Armee der Toten. Und Kaleido hatte im Verlauf ihrer gemeinsamen Zeit die Gestalt einer unternährten Barbarendame angenommen – sie war im Aussehen praktisch zu Lynnras Spiegelbild geworden, nur stets noch umgeben von einem in allen Regenbogenfarben schimmernden Dunst.
Beim Angriff der Krahder hatte Lynnra sich versteckt gehabt – dafür schämte sie sich heute noch – und war von da an praktisch als Eremitin durch die geschundenen Lande gewandelt, auf der Suche nach Erlegbarem, mit Kaleido als einziger Begleiterin. Die harten Umstände hatten sie ausgezehrt, doch die Blösse, den anderen Stämmen ins westliche Feindesland zu folgen und Hilfe zu erbitten, würde sie sich erst geben, wenn wahrlich kein anderer Ausweg mehr in Sicht war.
Dieser Zeitpunkt war nun eingetreten. Eine Fäulnis hatte einen nicht gut gepflegten tiefen Schnitt an ihrem Arm befallen, den sie sich bei einem Zank mit einem grossen grauen Troll um eine mickrige verirrte Ziege zugezogen hatte. Gegen so eine faulende Wunde konnte bloss eine weise Kräuterkundige helfen, und so eine war Lynnra wahrlich nicht. Einst hatte eine vorbeireisende Hexe den Kindern in ihrem Stamm die wichtigsten Heilkräuter zu lehren versucht. Viele hatten ihr an den Lippen gehangen, als sie einen kleinen Jungen von einem bösen Fieber geheilt, und währenddessen alle möglichen Perlen der Weisheit mit der Schar geteilt hatte. Doch Lynnra hatte nicht zugehört. Sie hatte in dieser Zeit eine Flöte aus dem Besitz der Hexe entwendet. Die Klänge, die sie diesem Instrument hatte entlocken können, waren so viel reiner gewesen als alle Töne, die sie mit den Hörner der Barbaren zustande gebracht hatte. Und das Wissen um die Kräuter hätte sie ohnehin nicht behalten. Oder zumindest redete sie sich dies nun ein.
Während Lynnra andächtig in ihren Erinnerungen geschwelgt hatte, war Kaleidos Aufmerksamkeit bereits weitergewandert und an einer kleinen verdorrten Staude Sternkraut hängengeblieben. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab, und sie nahm die Überreste der Pflanze in ihre Hände. Ein goldener Schimmer umgab sie für einen kurzen Moment, und als Kaleido ihre Hände wieder öffnete, blühte das Sternkraut in voller Pracht und glänzte in allen Regenbogenfarben. Kaleido klatschte enthusiastisch, was Lynnra aus ihrer Nostalgie riss.
Lynnra staunte aufs Neue: Kaleido hatte einer toten Pflanze neues Leben eingehaucht. Schon war es wieder unvorstellbar, Kaleido als irgendetwas Anderes als das wundersame Mysterium anzusehen, das sie war. Wo das Limit ihrer Fähigkeiten lag, wusste Lynnra nicht. Sie hatte Kaleido schon fröhlich Wanzen wiederbeleben, Futterreste zu ganzen Rationen wandeln und düstere Albträume für immer stoppen sehen. Andererseits hatte Kaleido sich geweigert, auch nur eine Schürfung an Lynnras Knie zu heilen, ganz zu schweigen von ihrem faulenden rechten Arm.
Und es war nicht so, als hätte Kaleido Lynnras Bitte damals nicht verstanden – Lynnra vermutete, dass Kaleido zu jedem Zeitpunkt komplett durchschauen konnte, was in Lynnra vorging, trat sie doch von Zeit zu Zeit mit den passendsten Ratschlägen auf den Plan. In anderen Momenten lebte Kaleido aber auch in ihrer eigenen Welt und scherte sich nicht gross um Lynnras Anliegen oder Anwesenheit. Andererseits schien sie sich auch oft Lynnra unterzuordnen. So auch jetzt, wo sie sich einige Schritte weiterschleppte, um dann flehend zu Lynnra aufzublicken und zu fragen: „Ist es noch weit? Können wir eine Pause machen?“
Kaleido grinste schelmisch. Ihr war sehr wohl bewusst, wie sie sich aufspielte. Was war nur ihr Ziel? Aber Lynnra konnte ihr einfach nicht böse sein. Ein Seufzer entfloh ihr, als sie sich wieder ihrer magischen Begleiterin zuwandte. „Schau, dort oben, siehst du diese Hügelkuppe? Dorthin wollen wir, und dann sehen wir das ganze weite Westland. Dann können wir auch erspähen, wohin es die anderen Stämme verschlagen hat.“ Mit einem leisen Plopp verschwand Kaleido in einer Wolke Goldstaub, um Sekunden darauf oben auf der Hügelkuppe wieder zu erscheinen, auf die Lynnra gezeigt hatte. Lynnra stiess ein erstauntes Geräusch aus, und machte sich auf, die letzten rund fünfhundert Schritte zwischen sich und der Hügelkuppe zu Fuss zu überwinden. Kaleido würde sie wohl immer wieder mit neuen Fähigkeiten überraschen. Das Pochen in ihrem Arm liess nach.
Und dann war er da, der Moment, in dem Lynnra sich oben auf dem Hügel ins Gras sinken lassen konnte – ihr verletzter Arm protestierte kurz – und der Sonnenaufgang das Lande Andor in seiner vollen Pracht vor sich liegend bestrahlte. Die Narne glänzte im hellen Licht, umgeben von dichten Nebelschwaden, die Baumkronen des Wachsamen Waldes lagen in Wurfweite, und weit in der Ferne war etwas von Menschenhand Geschaffenes zu erblicken – eine Burg zweifelsohne. Nun, die würden Lynnra und Kaleido tunlichst zu meiden gedenken. Barbarenhütten waren keine in Sichtweite, und eine Hexe war bei dieser Entfernung erst recht nicht zu erkennen, das wäre ja auch zu leicht gewesen. Aber Herausforderungen war Lynnra gewohnt, und mit Kaleido an ihrer Seite vertraute sie auch darauf, diese Herausforderungen zu überwältigen. Nun war es an der Zeit, sich zur Ruhe zu legen. In der Nacht würden sie weiterziehen. Auf, ins geheimnisvolle fremde Land Andor!
Lynnra, Barbarin aus den Ostlanden
Rang 58
1/2/2 Würfel
Sonderfähigkeit: Lynnra kann 1x pro Tag als Aktion für 1 Stunde auf der Tagesleiste Kaleido (ihre zweite Figur) auf ein beliebiges Spielplanfeld versetzen. Alle Gegenstände und Brunnenplättchen, die sich zu diesem Zeitpunkt auf Kaleidos Zielfeld befinden, werden auf ihre volle/unversehrte/ungenutzte/frische Seite gedreht. Das gilt auch für Gegenstände, die ein Held trägt, welcher zu diesem Zeitpunkt auf Kaleidos Zielfeld steht.
Kaleido beginnt jede Legende auf Lynnras Startfeld.
Explizit (hier habe ich wahrscheinlich noch Sonderfälle vergessen) passiert auf einem Spielplanfeld folgendes, sobald Kaleido darauf springt:
- Trinkschläuche, Tränke der Hexe und das Gift werden auf ihre volle Seite gedreht
- Schilde (auch Schilde der Macht) werden auf ihre unversehrte Seite gedreht
- Falken werden auf ihre Vorderseite gedreht
- Brunnenplättchen werden auf ihre frische Seite gedreht
Neue Helden: Fenns Gegenstände werden auf ihre ungenutzte Seite gedreht
Verschollene Legenden: Mera-Steine und Sande der Temm werden auf ihre ungenutzte Seite gedreht; Schätze der Tulgori (auch der Hüter der Zeit) werden nicht beeinflusst; Der Knochenhelm wird nicht beeinflusst
Sternenschild: Gaben der Andori werden auf ihre ungenutzte Seite gedreht
Reise in den Norden: Das Hadrische Stundenglas wird auf seine ungenutzte Seite gedreht; Der Streifenmarder und der Kompass (nicht aber der Nixenstaub) werden auf ihre ungenutzte Seite gedreht