von Dagain » 29. Juli 2023, 16:00
In einer Ebene im Rietland steht ein großes Holzgebäude.
Die Taverne von Andor.
Alle kennen dieses Gebäude als einen Inbegriff des Friedens.
So ist es auch normalerweise, selbst wenn sich im Inneren der Taverne kleinere Prügeleien oder Ähnliches abspielt, ist es doch alles in allem ein friedlicher Ort.
Auf jeden Fall ist es normalerweise so.
An einem bestimmten verregneten Tag war die Taverne jedoch alles andere friedlich.
Es war eine aufgewühlte Zeit.
Die Helden waren nicht in Andor.
Einer der Bewahrer des Baums der Lieder war entführt und dann von den Tavernenmitgliedern gerettet worden.
Der alte Thorne Taris hatte sich und seine Nemesis, den Steinsammler Ühra, verbrannt.
Liphardus 773 war im grauen Gebirge in eine Schlucht gestürzt und niemand wusste, ob seine Magie ihn hatte retten können.
Außerdem hatte Varkur sich mit dem uralten Erdgeist Skuvar zusammengetan und eine Gruppe von Andori, die Albus hatten retten wollen, gefangen genommen, genauso wie eine andere Gruppe von Andori, die in der Burg nach Metfässern Ausschau gehalten hatten.
Die Steppenechse hatte das Letztere gesehen und war aber selbst von den Maasavi entdeckt worden.
Nic, ein junger Zauberer, hatte es geschafft, sich und die anderen Gefangenen Varkurs zu befreien, nachdem sich dieser auf den Weg zur Taverne gemacht hatte.
Und nun?
Nun geschah alles zugleich.
Die Steppenechse versuchte noch wegzurennen, doch die Maasavi waren einfach zu schnell. Sie blickte sich um, doch innerhalb von wenigen Sekunden war sie nur noch von Schwarz umgeben.
Sie wusste nicht, was sie tun sollte, doch schon löste sich der schwarze Schleier wieder und die Steppenechse begriff nicht, was passiert war.
Auf einem Hügel vor der Taverne stand Varkur. Er blickte auf die Taverne hinunter und sah, wie mehrere seiner Kreaturen auf das Gebäude zustürmten. Die paar Andori, die sich noch in der Taverne aufhielten, hätten keine Chance gegen seine Streitmacht. Sobald der ganze menschliche überflüssige Müll beseitigt war, würde er sich endlich holen, was er schon so lange gesucht hatte.
Dagain blickte den auf die Taverne zu rennenden Kreaturen entschlossen entgegen. In der Taverne kannten ihn nicht viele und die, die es taten hielten ihn für einen einfachen Bauern. Keiner von ihnen ahnte, wer oder was er wirklich war. Sein Vater war Garondian gewesen. Ein wichtiges Mitglied der Donnereinheit und der Fetter des ehemaligen Königs Rastak. Auch in Dagain war noch etwas der Macht enthalten, die sein Vater mit sich herumgetragen hatte. Dagain konzentrierte sich. Er schloss die Augen. Dann öffnete er diese wieder und sie leuchteten blau. Auch seine Hände fingen zu glühen an. Er tat mit dem rechten Bein einen kleinen Schritt nach hinten, beugte sich leicht nach vorn und rann dann los, den Kreaturen entgegen.
Er rannte und rannte, immer schneller werden und immer mehr Wut ansammelnd, bis er nur wenige Meter vor einem Skral war und absprang. Er traf den Skral in die Brust mit der Sohle seines Schuhs, doch die Kreatur taumelte nicht einmal. Einen einprasselnden Schwerthieb hielt Dagain mit der bloßen Handfläche auf. Nun war der Skral verwirrt und genau diese Verwirrung nutzte Dagain, um dem Skral einen Kinnhaken zu verpassen und diesen damit in die Bewusstlosigkeit zu schicken. Als er sich umsah, um das nächste Ziel zu finden, fiel ihm auf, dass er bereits umringt von Gors war, die ihn nicht beachteten, sondern einfach auf die Taverne zu rannten. Ihm wurde klar, trotz seiner Macht konnte er diese Meute nicht aufhalten. Da sah er plötzlich wie sich eine schwarze Säule vor der Taverne aufbaute, sich die Säule auflöste und eine Steppenechse vor den Kreaturen stand, die sofort begann, diese anzugreifen.
Nic und der Rest der ehemaligen Gefangenen rannten den Tunnel entlang. Plötzlich blieb Nic, der die Gruppe anführte, stehen. Vor ihm sammelten sich Maasavi an. Er wollte der Gruppe befehlen, sich zurück zu bewegen, doch die Maasavi hatten sie umschlossen. Kurz waren sie von schwarz umhüllt, dann entfernten sich die Maasavi wieder langsam und sie standen plötzlich direkt neben der Steppenechse vor der Taverne und ihnen entgegen liefen mehrere Kreaturen, vor allem Gors und einige Skrale. Ohne zu zögern griffen sie die Kreaturen an.
Varkur sah all dem zu und sein Lächeln gefror, als die schwarzen Säulen vor der Taverne auftauchten und neue Verteidiger sich vor das alte Holzhaus stellten.
Er drehte sich zu Skuvar um. Das große Wesen blickte den Zauberer aus tiefen, dunklen Augen an.
Varkur erkannte, dass Skuvar niemals geplant hatte, ihn kriegen zu lassen, was er wollte. Das alles hatte der Erdgeist nur getan, um ihn davon abzuhalten. Aber nein. So leicht ließ sich Varkur nicht aufhalten.
>> Du hast mich verraten! <<
Der Erdgeist reagierte nicht.
Varkur drehte sich wieder zu der Taverne. Seine Streitmacht wurde langsam zurückgeschlagen.
Mit einem Zauberspruch wehrte er schnell mehrere auf ihn zu fliegende Gesteinsbrocken ab. Voller Hass sah er Skuvar ihn die Augen. Er würde es dem Erdgeist heimzahlen. Dann rammte er seinen Stab in den Boden und teleportierte sich weit weg von dem ganzen Geschehen.
Die Taverne war verteidigt worden.
Dagain ging in die Taverne hinein, um einen Met bei Gilda zu bestellen, doch kaum hatte er das alte Haus betreten, erstarrte er. Er war nicht allein. Und seine Gegenüber war nicht die liebe Wirtin, mit der er gerechnet hatte. Aus bösen Augen blickte ihm Shan entgegen. Dann griff die Schattenhexe nach einer Steintafel, die schon seit Dagain sich daran erinnern konnte an der Wand gehangen hatte und verschwand in den Schatten. Gilda lag bewusstlos auf dem Boden und sofort sprang Dagain ihr zur Seite.
Mit Hilfe anderer Tavernenmitglieder brachte er Gilda wieder zu Bewusstsein.
>> Wo ist der Kodex? <<
Dagain verstand die Worte der Wirtin nicht, doch bevor er nachfragen konnte, brach Gilda schon wieder zusammen.
In einer dunklen Höhle, nur erhellt von einer einzigen Kerze stand Varkur.
Er blickte auf die Wand, an der mehrere Steintafeln befestigt waren. Plötzlich erschien Shan neben ihm. Der dunkle Zauberer lächelte die Hexe an.
>> Wie erwartet war auf Skuvar kein Verlass gewesen. Zum Glück warst du da meine Liebe. <<
Shan lächelte Varkur an und gab ihm die Steintafel. Er befestigte sie ebenfalls an der Wand, sprach einen Zauberspruch und über alle Steintafeln hinweg bildeten sich mehrere rote und blaue Linien. Es war eine Karte. Ganz Andor, das graue Gebirge, die Nebelinseln, Krahd und sogar Hadria waren darauf eingetragen.
Nomion trat neben Varkur aus den Schatten.
Hinter dem Krahder trat eine weitere Gestalt hervor.
Ühra kam auf Varkur zu. Er trug eine kleine Brandwunde im Gesicht, war aber ansonsten unverletzt.
>> Taris war ein Narr, Herr <<
Varkur nickte.
Nomion blickte den schwarzen Zauberer an.
>> Wo greifen wir zuerst an? <<
Ein Lächeln bildete sich bei dieser Frage auf dem kalten Gesicht Varkurs und auf der Karte begannen mehrere Punkte aufzuleuchten.