von Dagain » 15. September 2024, 17:08
Drafgias liebte Scharmützel, besonders, wenn er nur an der Seite zu stehen brauchte und zusehen konnte. Und am allerliebsten mochte er es, wenn er dafür, dass er nur an der Seite stand auch noch entlohnt wurde, mit Silber, neuen Kleidern und einer angenehmen Unterkunft in den steinernen Hallen. Als die Kriegsschiffe der Zwerge aufgebrochen waren, hatte sich Drafgias freiwillig gemeldet, mit nach Werftheim zu fahren, er hatte gemeint, er wolle nicht tatenlos zusehen, wie diese Leute, die ihn verraten hatten davonkämen, er wollte seinen eigenen Teil zu alledem beitragen. Die Zwerge hatten dieses Anliegen für sehr verständlich gehalten und statteten Drafgias ohne zu zögern mit einer Rüstung und einem Schwert, sowie einem mächtigen Schild und einer kleinen Axt, für alle Fälle, wie die Zwerge gesagt hatten, aus. Nun war er in Werftheim. Nun waren sie in Werftheim. Und während um ihn herum die Schwerter klirrten, die Äxte durch die Luft zischten und auf Schilder prallten, Bögen gespannt wurden, Pfeile flogen und große Ballisten fertig gemacht wurden, um auf die Schiffe der Zwerge zu schießen. Während einige der Bewohner Werftheims selbst ihre Schiffe aufsuchten, um den Kampf vom Land aufs Wasser zu verlegen, was für die Menschen ohne Zweifel von Vorteil wäre, da sie deutlich erfahrenere Seeleute waren als die Zwerge, die zwar wussten, wie sie mit einem Schiff zu segeln hatten, diese aber nur als reine Fortbewegungsmittel ansahen, um, so wie es jetzt auch der Fall war, viele Zwerge innerhalb kürzester Zeit über große Strecken Meer zu transportieren. Während all das passierte, legte Drafgias sein Schwert und seinen Schild nieder, stellte beides an eine Hauswand und entledigte sich seines Helmes. Er zögerte kurz, überlegte, wog ab und entschied sich dann dafür sogar seinen silbernen Harnisch, den er als Ehrengast der Zwerge überreicht bekommen hatte, abzulegen. Einzig ein feines silbernes Kettenhemd, dass er unter seiner Leinenkutte trug und die Axt, die er für alle Notfälle bekommen hatte und die mit einem Lederriemen an seine Hüfte gebunden war, behielt Drafgias an sich. Obwohl er vorhatte, keiner Konfrontation ausgesetzt zu werden, konnte man ja nie so genau wissen. So nun, seine Rüstung abgelegt, machte er seinen Weg hinauf, weg von dem Hafen, hinein in das Innere der Stadt, direkt zu dem Ratshaus, in welchem sich mit höchster Wahrscheinlichkeit gerade die Ratsherren befanden und sich ängstlich eingeschlossen hatten. Er kannte sich in Werftheim aus und wusste genau, welche Wege er nehmen musste, zwischen Welchen Häuserwänden er sich durchzwängen konnte um in dunkle Gassen zu gelangen, in denen ihn niemand beachten würde. Es dauerte keine halbe Stunde bis Drafgias das Ratshaus fast erreicht hatte. Wie es zu erwarten gewesen war, waren die meisten Wachen abgezogen worden, nur eine einzige Wache stand vor dem großen alten Holzhaus und bewachte die obersten Räte Werftheims. Drafgias wusste genau, was er jetzt zu tun hatte. Er duckte sich hinter eine Hauswand, holte tief Luft und rannte dann, Entsetzten in seinem Gesicht, auf die Wache zu.
>> Sie sind hinter mir! Bitte helft mir! Die Zwerge, sie kommen, sie folgen mir! <<
So schreiend, lief Drafgias direkt an dem Wächter vorbei, nicht in Richtung des Ratshauses, weshalb ihn die Wache erstmal nicht beachtete, sondern sich in die Richtung umsah, aus der Drafgias gekommen war, um nach Zwergen Ausschau zu halten. Diese Gelegenheit nutzte Drafgias, der sich inzwischen wieder langsam von hinten angeschlichen hatte, zog die kleine Axt hervor und trennte der Wache hinterrücks den Kopf von den Schultern. Ja, denn so war Drafgias, er war kein großer Kämpfer, eher eine feige Person, die sich das gesamte Leben immer nur mit Lügerei und Betrügerei durchgeschlagen hatte und somit jeglichen Problemen entgangen war. Obwohl er oft, wenn er doch mal jemanden hatte erschlagen müssen, denn das Töten lag ihm nicht besonders, sich dafür selbst belohnte, indem er sich eine Pause gönnte und in einer Bar ein Bier, oder auch mehrere, trank, so hatte er nun keine Zeit zu verlieren. Schnell nahm er dem körperlosen Kopf den Helm und dem kopflosen Körper den Harnisch ab und zog diese selbst an. Zuletzt band er sich noch den Lederriemen samt Scheide, in welche er das Schwert des Wächters steckte um. Gerade als er sich zum letzten Teil seines Planes wenden wollte und in das Ratshaus hineinstürmen wollte, fiel sein Blick auf die kleine Axt auf dem Boden, die er nachdem der den Wachmann enthauptet hatte, hatte niederfallen lassen. Und er selbst wusste nicht, was ihn in diesem Moment überkam, doch er griff nach der Axt, hob sie auf und ging dann erst auf das Ratshaus zu.
Als er vor der großen Eichentür angekommen war, holte er kurz Luft, dann stieß er diese auf. Die meisten Menschen waren ängstlich, also würde der Trick, den er gerade schon bei dem armen Wachmann angewendet hatte, mit Sicherheit also auch bei diesen Ratsmännern funktionieren. So also stürmte er, durch die aufgebrochene Tür, in das Ratshaus hinein und schrie:
>> Die Zwerge sind bis hierher vorgerückt, wir müssen Sie schnell von hier wegbringen. <<
Einige der Räte fuhren hoch, bereit aus dem Raum zu fliehen, als ein junger Mann, der vor den Räten stand, sich umdrehte, Drafgias anblickte und erstarrte.
>> Drafgias? Aber du bist ertrunken! So wie alle anderen, die auf der Hadrient gewesen sind. Was machst du - <<
Weiter kam Jenons nicht, den Drafgias hatte schneller gehandelt, als der Seemann hatte sprechen können und die Axt, die er gerade noch aufgenommen hatte, geworfen. Und obwohl Drafgias kein Krieger war, von dem Werfen von Messern, und auch kleineren Äxten, verstand er etwas. Er hatte Jenons direkt im Gesicht getroffen und der Seemann fiel zu Boden, ohne seinen Satz beenden zu können. Alle anwesenden Räte erstarrten und blickten Drafgias an. Dieser schloss die große Eichentür, setzte seinen Helm ab und lächelte.
>> Meine lieben Herren Räte, ich habe euch ein Angebot zu machen. <<