Irada brachte den Topf in den Hauptraum. Sie konnte Folar und Durien sehen. Malac aber war nun als Wache draußen. Josella auch.
Irada stellte den Topf auf den Tisch. Da waren ein paar Besucher, von der Kleidung her Seekrieger. Die Anführerin war eine hellviolette. Ein hoher Rang, zumindest im Vergleich zu den Männern. Grau und Blau. Sprich ein Anfänger und ein Prüfling. Also nur zwei echte Seekrieger. Was soll's, es wurden eher helfende Hände bei Aufbauten gebraucht als Schutz vor Kreaturen. Die übrigen Andori waren in Dörfer umgezogen, und Kreaturen waren nur mehr sehr selten zu sehen. Ob das an den Krahdern lag, oder an etwas anderem, es war ein glücklicher Zufall. Irada setzte sich zu den anderen, hinter ihr kam Alya aus der Küche. Gända, Gisela, Namde und Erin waren in ein angeregtes Gespräch mit der Seekriegerin verwickelt. "Kreaturen? Nein. Die sind wie verschwunden. Nur einzeln haben wir Gors gesichtet, die Bauern dürften eure Hilfe mehr benötigen. Von den Schildzwergen haben wir auch nichts gehört.", erzählte Erin der Kriegerin aus dem Norden. "Sonst habt ihr Bewahrer weniger Probleme, oder?" Nun mischte sich Irada auch ein. "Wahrlich weniger als die restlichen Völker. Die Krahder hatten es verpasst, dem Baum etwas anzutun, doch sie konnten viele Bewahrer verschleppen. Leider wurden sie nicht von uns, sondern eher von erzürnten Arbaks vertrieben." "Oh. Auch euer oberster Bewahrer wurde entführt, oder?" Irada schmunzelte bei diesen Worten. " Oberster Priester. Ja, Melkart wurde auch mitgenommen." Iradas Miene verfinsterte sich wieder. "Ach ja, Seekriegerin, es gibt Essen. Waldpilzsuppe." Mit diesen Worten griff sie nach der Schöpfkelle.
Durch ein Fenster sah Irada einen Schemen im Wald verschwinden. Die Gestalt war in einen Umhang aus grauen Tuch gehüllt, keine Haut war darunter zu sehen. Und das Gesicht… War eine bleiche Fratze.
Nareb wunderte sich. Draußen war schon die Sonne untergegangen, und er saß alleine an dem Holztisch. Er fuhr mit den Fingern gedankenlos die Maserung des Holzes nach. Ein Humpen Met stand vor ihm. Erst halb geleert. Nareb war wieder von dieser Leere ergriffen. Immer, wenn der Fischer zu sehr nachdachte, wure das ganze zu Trübsal blasen. Seit der Attacke hatte Nareb nicht zu sehr nachgedacht. Zu viel war er mit seiner aufopfernden Arbeit beschäftigt, zu oft kümmerte er sich um die einsamen Andori. Natürlich war dem Fischer jede Ablenkung willkommen. Eine einzelne Träne lief dem Mann über die Wange. Ein Schluchzer entfuhr ihm. Narebs Familie war verschleppt. Nicht seine Frau und Kinder, nein, Narebs Eltern. Auch sein Bruder war weg. Im schlimmsten Fall sah er sie nie wieder. Noch ein Schluchzer. Vielleicht sollte Nareb nicht zu weit auf dieses Meer der Traurigkeit hinaus fahren. Es war ruhige See, doch bekanntlich sind Stille Wasser tief. Und wenn man zu nachsichtig war, ging man unter. Und wurde langsam von diesen endlos blauen Tränen in die Tiefe gezogen.
Nareb räusperte sich. Er wischte die Tränen weg und nahm einen großen Schluck. Der Fischer konnte sich nicht leisten, in diesem Ozean zu ertrinken. Seine Familie brauchte einen starken Nareb. Andor brauchte einen starken Nareb. Diese Vorstellung gefiel dem Fischer."Nareb - Der Held von Andor" Es entlockte dem sorgenvollen Gesicht ein kurzes Lächeln. Doch nun musste er an wirklich wichtige Dinge denken. Nareb würde morgen zur Taverne fahren. Falls Neuigkeiten da waren, Gilda wusste sie. Inzwischen war die Taverne Das Zentrum Andors. Und Nareb lieferte Fische. Auch die Menschen in der Rietburg kauften Fische, doch die würde er ein anderes Mal beliefern. Nareb würde seinen Enterhaken mitnehmen. Seine Frau lachte ihn deswegen immer noch aus, doch Nareb hatte viel trainiert. Er glaubte, dass er einen Gor besiegen könnte, wenn ihm denn einer über den Weg laufen würde. Minna fand lächerlich, das Nareb mit einem angespitzten Enterhaken kämpfte, doch sollte sie doch glauben, was sie wollte. Narebs Hände waren nicht für ein Schwert bestimmt, er war verdammt noch mal nicht Thorn!
Das nächste unmittelbar wichtige Thema waren wohl die jüngsten Vorkommnisse. Der Schatten am Ufer. Die Kreatur draußen. Was war los in Andor? Nareb wollte sich nicht auch noch um düstere Gestalten und rätselhafte Schatten kümmern. Wo waren bitte andere Helden, wenn man sie brauchte? Wo war diese Kheela, wo war Arbon, wo waren der Fährtenleser und der Tarus? Und wo zur Blutkrähe trieben sich Jarid und Trieest herum? Und wer genau schützte jetzt Andor?
Uhain ging durch den nächtlichen Wald. Eulen schuhuten, Mäuse trippelten durchs Unterholz. Insgesamt war es nicht leise, nur hatte sich ein gewisser Schleier der Ruhe über alles gelegt. Sicher machte auch die Dunkelheit etwas aus. Durch das Zusammenspiel vieler Dinge war derEindruck von Frieden entstanden. Eine perfide Täuschung der Natur. Rätselhaft war diese Zeit, die Düsternis. Uhain wurde langsam von einem rätselhaftem gefühl erfüllt. Die Stimme schwieg. Natürlich. Sollte doch niemand glauben, dass die Stimme tatsächlich eine Hilfe war.
skellettt. böse. tödlich. es irgendwo hier sein. Uhain fuhr herum. Skelett. Das Wort klang gefährlich. Uhain ließ Nebel aus seinem Stab entweichen. Zur Sicherheit. Suchend tastete der Nebel über den Waldboden. Ohne Augen musste sich Uhain auf die graue Wolke aus Wassertröpfchen verlassen. Natürlich hatte Uhain Augen. Doch die Nacht hatte ihren Teil zur unnötigkeit ebendieser beigetragen. Keine Augen… Eine Erinnerung durchzuckte den Körper wie ein plötzlich kommender Schmerz.
Du musst das nicht tun! Es muss einen anderen Weg geben. Warum sollte dein Bruder in Gefahr geraten? Versuche etwas anderes!" "Nein! Uhain, das ist meine Entscheidung. Du hast dich auch für den Nebel entschieden. Stell dir vor, ich bin beim nächsten Mal nicht da." "Ich habe nie gesagt das du nicht der wichtigste Mensch in meinem Leben bist! Ohne dich wäre ich längst tot oder eine gefühlslose Hülle für die Magie des Nebels. Aber dein Augenlicht ist ein zu hoher Preis für diese Gabe!" "Uhain. Das hier ist das wichtigste für mich. Versuche zu verstehen. Mein Bruder…" "Leander, ich weiß verdammt nochmal genau was mit Callem passiert ist! Wenn ich könnte, hätte ich ihn abgehalten, doch er hat mich einfach von Bord geworfen, als ich es gesagt habe! Ich war verdammt nochmal nur ein einfacher Pirat." "Uhain! Ich werfe dir den Fluch nicht vor. Das ist einzig und allein Varatans Schuld. Aber so könnte ich herausfinden, wie der Fluch gebrochen werden könnte. Es ist meine letzte Chance, alles wieder gut zu machen."Uhain berührte seinen Kopf. Wer war dieser Callem? Wer war dieser Leander? Und… war Uhain wirklich nur eine gefühlslose Hülle?
Plözlich ertastete er etwas. Sofort glühten seine Augen weiß auf und der Nebel umschlang den Körper des Wesens. Knochen brachen, als Uhain den Griff lockerte. Am Boden lagen zersplitterte Knochen. Uhain setzte sich auf den Boden. Er lehnte sich gegen einen Baum und schlief langsam ein.
Askalda lag bereits wach. Ein rosiger Schein war am Himmel zu sehen. Es war noch finster, doch bald würde die Sonne am Himmel stehen. Kalt war es, eisig, doch die Sonne schien hier im Süden.
Askalda stand auf und zog ihre Kampfkleidung an. Violett. Sie schnallte sich den Kampfstab und die Schulterteile an, und trat aus dem Gästezimmer. Ein Brief an Eske und Bjorne lag auf dem Tisch, sonst hatte die Seekriegerin vorgehabt, im Morgengrauen zu verschwinden. Nicht, dass die Bewahrer nicht überaus nett waren- nein, es lag an Askaldas grundsätzlicher Abneigung gegenüber Verabschiedungen.
Als Askalda auf den Gang hinaustrat, öffnete sich IradasTür vorsichtig. Ein Bewahrer in legeren Klamotten trat heraus, die Kriegerin konnte sich an den Namen Sedwyn erinnern. Askalda huschte bei seinem erschrockenem Anblick ein Lächeln überdie Lippen. "Auf Wiedersehen, Sedwyn." Überrumpelt stammelte der Bewahrer etwas, bevor er sich seinem Zimmer zuwandte.
Askalda sog die eiskalte Luft ein. Sie genoss den Winter hier. Es war ein völlig anderes Gefühl als die Winter in Werftheim. Vor ihr stand eine Bewahrerin. Ach ja, Alya. "Du verlässt uns schon? Aber die viel wichtigerere Frage ist… War Sedwyns Gesicht unterhaltsam?" Kurz lächelte Askalda. Alya war eine tolle Frau. Sie konnte die Gedanken eines Menschen nahezu problemlos aus dessen Gesicht ablesen. Ihr nickte Askalda kurz zu. Dann wandte sie sich nach Süden, in Richtung Cavern.
Hier ist der dritte Teil! Kapitel 2 zu ihren Diensten. Und noch immer kein Name für die ganze Story. Und mysteriöse Andeutungen zu den Geschehnissen. Und noch mehr Fragen zu Uhains Vergangenheit
GN, WW