von Galaphil » 13. April 2025, 17:13
Hallo Taverne
Heute mag ich euch von einer Posse berichten, die mir in den letzten Tagen und Wochen zu Ohren gekommen ist, obwohl sie schon länger läuft, aber der alte Galaphil ist nicht immer überall gleichzeitig, das kann nur der Weihnachtsmann und der Osterhase.
Es geht um Midgard. Ein Rollenspielsystem, und zwar das älteste in Deutschland, 5 Jahre, bevor es das Schwarze Auge gegeben hat, erschien schon die erste Auflage von Midgard. Ausgehend vom Ewigen Spiel, einer Weltensimulation mit ich sag mal etwas seltsamen Leuten und etwas seltsamen Ansichten, aber viel Kreativität, und ich sage bewusst Simulation und nicht Spiel, weil da nicht gespielt wurde.
Also, Midgard gehörte dem Friedberger Kreis der Leute, die beim Ewigen Spiel maßgeblich beteiligt waren, und zwar dem Ehepaar Franke (die dann später nach Stelzenberg gingen und ihren eigenen Verlag gründeten). Allerdings, wer sich ein bisschen im deutschen Verlagswesen auskennt, bei dem klingelt es, wenn er Friedberg hört, weil, genau, in Friedberg sitzt auch einer der größten deutschen Spieleverlage, nämlich Pegasus. Und - das wusste ich bisher nicht - aber einer der Gründer von Pegasus war ein Nachbarskind der Frankes und eben seit den 70er und 80er Jahren mit ihnen befreundet.
Als die Frankes jetzt in Pension (Rente) gingen, mit mittlerweile über 70 Lebensjahren am Buckel, haben sie ihr Kind, Midgard, an Pegasus verkaufen können, und zwar zu ihren eigenen Bedingungen und mit allen Lizenzen und Rechten.
Das war vor 3 Jahren, und mit dem 31.12.2024 ist dieser Verkauf gültig geworden. Pegasus hatte von Anfang an angekündigt, dass sie ein neues System machen würden und Midgard, das fast komplett aus den offiziellen Verkaufskanälen verschwunden war, jünger, eleganter, gestreamlinedter machen wolle, ohne aber die alten Midgard-Spieler zu vergrämen.
Das gelang am Anfang auch, man gewann sehr viele alte Mitarbeiter, die wichtige Schlüsselpositionen bei Midgard/den Frankes innehatten, darunter den Regel-Experten (vergleichbar mit unserem Ragnar) C.T. als Verantwortlichem für die neuen Regeln von Midgard 6, wie es anfangs hieß, als auch das Welten-Mastermind D.R. als Weltenchef und Koordinator für das neue Projekt.
Anfangs stellten sich die Leute noch im zuständigen Midgard-Forum vor, dann herrschte aber bald Stillschweigen von Seiten von Pegasus.
In der Zwischenzeit kochten die Gerüchte und Empörungen ebendort immer höher und höher.
Dann wurde bekannt, dass der Regelgott Midgards sein Amt zurückgelegt habe, weil er mit den Vorstellungen des Chefredakteurs, den Pegasus eingesetzt hatte, und der von DSA, Splittermond und ähnlichen Systemen kam und geprägt war, nicht mehr konform ging und dabei nicht mitmachen wollte.
Vor wenigen Wochen musste der Chefredakteur dann mit einer neuen, unangenehmen Nachricht ausrücken: Auch der Welten-Koordinator habe darum gebeten, aus dem Team auszutreten und sich zurückzuziehen - nachdem sich die Vorstellungen des neuen Midgard-Teams immer mehr vom alten Midgard entfernten - die Welt wurde unbenannt, bzw eine alternative Parallelwelt erfunden, das System heißt jetzt Midgard - Legenden von Damatu - also vielleicht hängt es daran. Noch weitere alte Midgard-Gesichter sind mittlerweile zurückgetreten, und immer mehr und mehr entfernt sich das neue System sowohl regeltechnisch als auch mechanisch als auch von der Welt her vom alten, über 40 Jahre lang gewachsenen System und Welt Midgard. Und, was noch dazukommt, es wird keine Abwärtskompatibilität geben, wie es bisher bei Midgard 1 - Midgard 5 immer üblich war, man wird also nicht mit den alten Charakteren und den alten Abenteuern weiterspielen können.
Was noch? Ich habe mich anfangs gefragt: Warum hat Pegasus Geld, wahrscheinlich viel Geld, für die Rechte von Midgard ausgegeben, wenn sie das System und die Welt dann links liegen lassen und etwas komplett neues erschaffen?
Die Frage hat sich beantwortet, als ich erfuhr, dass es eine Verbindung seit 50 Jahren zwischen den Frankes und dem Pegasus-Gründer gab.
Aber warum hat Pegasus dann diesen Kurs gefahren und was erhoffen sie sich davon?
Ich glaube, dass hier am Anfang versucht wurde, Midgard möglichst weiterzuführen, und dass die Besetzung der Chefredaktion dazu führte, dass die neuen Ideen und die neuen Leute zwar im Verlag großen Anklang fanden, aber bei der alten Crew und den alten Midgard-Spielern zu großer Verärgerung führten: Ein typisches Problem, dass gerade bei größeren Konzernen immer wieder auftritt, wenn neue Leute neue Ideen liefern müssen, und dabei keine große Rücksicht auf die Emotionen der alten Belegschaft/Kundschaft nehmen.
Wie wird es weitergehen? Steht natürlich noch in den Sternen. Aktuell läuft ein Playtest-Guide, bei dem Spieler kostenlos ein Regelwerk und eine Anleitung zum Testen bekommen konnten, um Feedback zu liefern. Aber, alles was den alten Midgard-Spielern wichtig war, ging dabei über Bord, bzw wurde nicht berücksichtigt, und die Kommunikation mit dem Midgard-Forum und den Leuten dort lief extrem schlecht, sodass man viele rein emotional so verärgert hat, dass sie selbst wenn sie wollten, sich nicht mehr damit beschäftigen würden wollen.
Geplant wäre ein Regelwerk mit etwas Drumrum noch heuer. Ohne Weltenchef und ohne Regel-Experten - ich weiß nicht. Ich glaube nicht daran. Und, wie wir alle wissen, je länger etwas dauert, umso unwahrscheinlicher wird es, dass es noch fertig wird.
Soviel mein Eindruck zur Posse rund um Midgard und Pegasus.
Lieben Gruß, Galaphil