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Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Gilda » 28. Januar 2018, 23:01

Hallo liebe Andori,

mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung von „Die Legenden von Andor - Die Letzte Hoffnung“ berichtet Michael Menzel über die Entwicklung des letzten Teils der Andor-Trilogie.

Viele Spaß beim Lesen
eure Gilda

Andor_Header_tav.jpg




„Wenn wir die Reise in den Norden „Teil II“ nennen, dann wird jeder erwarten, dass …“
Die Idee Andors ganze Geschichte als Trilogie zu erzählen, entstand etwa im Jahr 2013. „Die Legenden von Andor“ wurden gerade zum Kennerspiel des Jahres 2013 gekürt. Mit dieser Auszeichnung hatte Andor die wirtschaftliche Vorrausetzung für eine große Spielefamilie erlangt. Der Sternenschild, die erste Erweiterung, war bereits abgeschlossen und würde bald auf den Markt kommen. Nun galt es vor allen Dingen dem Ganzen einen Rahmen zu geben. Weil Andor ein sehr erzählerisches Spiel ist, wie ein Roman oder Film, lag die Idee der Trilogie natürlich nahe. Doch wie in der Überschrift eingeleitet, brachte das etwas mit sich, dass sich bald als spannende Herausforderung entwickeln sollte: „Wenn wir die Reise in den Norden „Teil II“ nennen, dann wird jeder erwarten, dass es auch einen Teil III geben wird.“

Andor_Teil2_.jpg


Erfolgsdruck
Noch während der Arbeit an „Die Reise in den Norden“ gingen bereits viele Gedanken in Richtung Abschluss der Trilogie. Alles in Teil II musste darauf ausgelegt werden, dass der letzte Teil perfekt daran anschließen konnte. Ganz entscheidend war natürlich der Cliffhanger nach Legende 10. Ich wusste, dass es schwierig für die Fans werden würde bis zum letzten Teil zu warten.
Der Erfolgsdruck, den ich damals spürte war enorm. Sowohl das Grundspiel, als auch „Die Reise in den Norden“ hatten die Latte sehr hoch gelegt. Gleichzeitig hatte ich große Lust das Andor-System weiter auszuloten. Ich fragte mich ob es möglich wäre, eine Legende zu schreiben, die die Helden schwächt, anstatt durch Belohnungen immer nur zu stärken? Könnte es in einer Legende einen Verräter unter den Helden geben? Wäre es möglich „intelligente“ Gegner zu entwickeln, die den Spieß umdrehten und die Helden zu Gejagten machen?
Um den Druck möglichst auf Distanz zu halten, fing ich also so bald als möglich an. Die zwei neuen Produkte, das 2-Personenkartenspiel von Gerhard Hecht und der Andor Jugend-Roman von meiner Frau erscheinen beide in 2015. Beide erweiterten die Andor-Familie in neue spannende Richtungen. Darüber hinaus gaben sie mir Zeit für die Entwicklung des letzten Teils.

Die Fesseln der Rietgraskrone
Im vorherigen Absatz habe ich geschrieben, dass ich sofort mit der Arbeit an Teil III begann. Das war mir damals aber gar nicht so klar. Denn ursprünglich dachten wir daran noch eine kleine Erweiterung zu veröffentlichen: „Die Reitgraskrone“. Darin sollte die Geschichte erzählt werden, wie die Helden zurück nach Andor kommen und was sie vorfinden. Krahder, Skelette und auch Chadas ganz besondere Geschichte, sollten hier erzählt werden.
Doch alsbald stellte ich fest, dass ich alles, was mir zum Grundspielplan einfallen wollte, ins Grundspiel und in „Der Sternenschild“ gepackt hatte.
Es wäre fatal gewesen eine halbgute kleine Erweiterung zu veröffentlichen. Wer würde danach noch Teil III spielen wollen?

Andor_Rietgraskrone.jpg


Also begrub ich die Idee einer kleinen Erweiterung und stellte mich der Aufgabe direkt den großen Brocken anzugehen. Und der Effekt war absolut befreiend. Plötzlich hatte ich wieder alle Möglichkeiten – Möglichkeiten, die eine kleine Box nicht birgt. Ich streifte die Fesseln der Rietgraskrone ab. Ich konnte einen neuen Spielplan gestalten, ein neues Sonnenaufgangsfeld. Mechanismen, wie die Nahrungssuche, die Höhlen oder der Brückenbau wurden mit einem Mal machbar. Und der Verlag gab mir das OK für 144 Legendenkarten !!! :D

144.jpg


Jason und die Argonauten
Von allen Gegnern, denen unsere tapferen Helden auf ihren Abenteuern begegnen, sind die Skelette wohl die interessantesten. Sowohl ihre Art sich zusammenzurotten als auch ihre Angewohnheit, Helden zu jagen und festzuhalten, macht sie besonders. Dazu kommt das Grusel-Film-Gefühl, mit der nächsten Bewegung (wenn der Zeitstein die vierte Stunde verlässt) die Bewegung der Skelette auszulösen - und die besondere Würze: Meine Bewegung hier, kann dafür sorgen, dass ein Freund am anderen Ende des Spielplans gefangen wird!

Helden gegen Skelette.jpg


Am coolsten ist aber die Möglichkeit sie entweder nur „auszuknocken“ (im Spiel nennen wir es „überwältigen“) oder sie mit aller Kraft völlig zu zerstören.
Seltsamerweise hatte ich bei der Entwicklung eine ganz glasklare Vorstellung, wie das funktionieren musste. Woher kam diese Vorstellung? Woher wusste ich, wie so ein Kampf gegen Skelette auszusehen hat? Ein Freund, dem ich von der Entwicklung der Skelette erzählte, schickte mir folgendes Video. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus "Jason und die Argonauten" aus dem Jahr 1963 (!!!) :shock: und ich bin sicher, ohne mich bewusst daran erinnern zu können, dass dieser Film wohl an irgendeinem verregneten Sonntagnachmittag im Fernsehen gelaufen sein muss. Und wie es scheint, habe ich mir das Gesehene als Kind eingeprägt.

Schaut mal rein:
https://www.youtube.com/watch?v=pF_Fi7x93PY

Die Entscheidende Regel zu den Skeletten kam im Übrigen von meinem langjährigen Kollegen und Freund Christof Tisch, ebenfalls Autor und Illustrator. Ihm verdanken wir es, dass wir entscheiden können, wenn wir ein Skelett besiegen, ob es auf das Sonnenaufgangs-Feld oder auf Feld 200 gelegt wird. Bis zu seinem Einfall, hatte man sich nämlich alles andere als gefreut, wenn man ein Skelett „aus Versehen“ besiegte anstatt nur zu überwältigen und plötzlich der Erzähler weiterging. :o :( :lol:

Das letzte Mal
Die Entwicklung von Teil III war intensiv und trotz der vielen Zeit, die ich für diese Erweiterung hatte, war es persönlich und beruflich eine echte Herausforderung. Mehr als alle anderen Legenden, hatte mich die letzte, Legende 17 in Anspruch genommen. Monate brütete ich über dieser letzten großen Aufgabe für die Helden von Andor.
Und ich glaube, die Mühe hat sich gelohnt. Legende 17 ist was ganz Besonderes. Sie bringt so viele neue Elemente ins Spiel, dass sie problemlos eine eigene kleine Box füllen könnte.

Andor_III_Work.jpg


Auf diesem Spielplan gelten bestimmte Regeln (z.B. kosten Überstunden wesentlich mehr als sonst). Mit dem Zerstören der besonderen Orte (Vulkan, Wurfmaschine, etc.), verändern die Helden die Regeln zu ihren Gunsten (z.B. werden die Überstunden wieder günstiger) – während sie spielen!!! Da nie alle Orte ausgeschaltet werden können, verlaufen die Partien sehr unterschiedlich.
Gleichzeitig werden über die Legendenkarten erstmals die Schritte und Beweggründe der Gegner, in diesem Fall die der Krahder erzählt, was sich wie ein Parallel-Strang in einem Film anfühlt.
Und zu Guter Letzt, birgt die Legende eine ganz besondere Dramatik, denn selbst wenn die Geschichte gut endet … aber das will ich für alle, die die Legende noch nicht gespielt haben, hier nicht verraten. ;)

Andor_Artwork.jpg


Ich hoffe, dass euch dieser kleine Einblick in die Entwicklung von „Die Letzte Hoffnung“ gefallen hat. Natürlich freue ich mich über euer Feedback und vielleicht inspiriert euch dieser Bericht ja auch dazu eine eigene Legende von Andor zu erfinden.


Viele Grüße
und viel Spaß in Andor

Micha
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Tapta » 29. Januar 2018, 11:42

Hallo Micha,

WOW! Vielen Dank für diesen tollen Einblick in die Entstehungsgeschichte!

Da sind ja einige Cliffhanger dabei, die Stoff für neue Legenden liefern :-)

Sehr cool finde ich, das ich bei meiner ersten Fan-Legende die Rietgraskrone als Legenden Symbol verwendet habe.

Liebe Grüße
Tapta
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Xancis » 29. Januar 2018, 11:46

Oh wieder etwas schönes zu lesen.
Rechts oben der Banner führt noch zur falschen Seite.
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Moai » 29. Januar 2018, 17:46

Es ist richtig schön, einmal an einer Entwicklung "teilzunehmen" und ein paar Hintergrundinformationen zur Schaffung von Teil III zu lesen. Da merkt man erst mal, wieviel Arbeit dahinter steckt (auch wenn wir das wahre Ausmaß diesbezüglich wahrscheinlich nie erfahren werden - ausser vielleicht Doro&Mjölnir bei ihren "Verschollenen Legenden").

Eine Frage hätte ich: Welche Kreaturen sind denn da auf dem Bild mit dem Krahd-Spielplan ganz rechts (neben den Wargors)? Sieht nach einer Kreatur mit zwei erhobenen Schwertern aus.
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Michael Menzel » 29. Januar 2018, 23:52

Hallo zusammen,

schön, wenn euch der Bericht gefällt. Zu Deiner Frage Moai: Das war der erste Entwurf zu den Bergskralen. Ob die zu diesem Zeitpunkt noch eine Rolle auf dem Krahd-Spielplan gespielt haben oder einfach nur noch von der vorherigen Legende daneben standen, könnte ich heute nicht mehr sagen. ;)


Viele Grüße
Micha
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Luis » 30. Januar 2018, 06:29

Könntest du den Skralentwurf veröffentlichten? Fände ich sehr interessant, oder ist der noch für was anderes (Bsp.: Fanlegendenwttbewerb) gedacht?!
Luis :)
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Re: Michael Menzel über "Die Letzte Hoffnung"

Beitragvon Michael Menzel » 31. Januar 2018, 05:24

Hi Luis,

nein, lieber nicht. Die Skizzen waren nicht schön und erstmal nur ein ganz grober Entwurf. ;)


Viele Grüße
Micha
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